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Rausch der Verwandlung
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Page - 101 - in Rausch der Verwandlung

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für die paar Tage, die du noch Urlaub hast, wirklich dafür steht, ob du nicht dabei eher deine Erholung vertust. Hier hast du dich ja fabelhaft erholt, ausgezeichnet hat sie dir angeschlagen, diese frische starke Luft – ja, ich sag’s ja immer, für junge Menschen gibt es nichts Besseres als Hochgebirge, Dicky und Alwin sollten auch einmal hierherkommen, nur natürlich für so alte abgebrauchte, abgehämmerte Herzen, da taugt gerade das Engadin nicht. Also, wie gesagt, wir würden uns natürlich sehr freuen, Anthony hat sich ja sehr gewöhnt an dich, aber anderseits, es sind wieder sieben Stunden und sieben Stunden zurück, das wird dir zuviel sein, und schließlich, wir kommen ja nächstes Jahr wieder herüber. Aber selbstverständlich, wenn du noch mit nach Interlaken willst … « »Nein, nein«, sagt Christine, oder vielmehr ihre Lippen sagen es, so wie man in der Narkose noch automatisch weiterzählt, während das Bewußtsein längst schon stockt. »Ich glaube selbst, du tust besser, von hier aus direkt nach Hause zu fahren, von hier gibt es ja einen wunderbar bequemen Zug – ich habe den Portier gefragt, gegen sieben Uhr früh, da kannst du morgen spät nachts schon in Salzburg und übermorgen zu Hause sein. Ich kann mir denken, wie sich die Mutter freuen wird, so braun und frisch und jung, wirklich, prachtvoll siehst du aus, und es ist das Beste, du bringst diese Erholung ganz frisch nach Hause.« »Ja, ja.« Ganz leise tropfen Christine die Silben vom Mund. Warum sitzt sie eigentlich noch da? Die beiden wollen sie doch nur fort haben, rasch fort. Aber warum? Es muß doch etwas geschehen sein, irgend etwas muß geschehen sein. Mechanisch ißt sie weiter, schmeckt in jedem Bissen das bittere Kraut Ysop und spürt, ich müßte jetzt etwas sagen, irgend etwas ganz Lockeres, nur um nicht zu zeigen, daß einem die Augen brennen vor Schmerz und die Kehle bebt von Zorn, irgend etwas Sachliches, etwas Kaltes und Gleichgiltiges! Endlich fällt ihr etwas ein. »Ich werde dir gleich deine Kleider bringen, damit wir sie gleich einpacken können«, und schon steht sie auf. Aber die Tante schiebt sie sacht zurück. »Laß, Kind, das hat noch Zeit. Den dritten Koffer packe ich erst morgen. Laß nur alles in deinem Zimmer, das Stubenmädchen bringt mir schon alles.« Und dann, in plötzlicher Beschämung: »Übrigens, weißt du, das eine Kleid, das rote, das behältst du nur, ja, ich brauch’s wahrhaftig nicht mehr, das paßt dir so gut, und natürlich auch die Kleinigkeiten, den Sweater, die Wäsche, das ist doch selbstverständlich. Einzig die zwei andern Abendtoiletten brauche ich noch für Aix-les-Bains, dort geht’s, weißt du, unerhört zu, ein fabelhaftes Hotel übrigens, hat man mir gesagt, und Anthony wird hoffentlich dort sich 101
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Rausch der Verwandlung
Title
Rausch der Verwandlung
Author
Stefan Zweig
Date
1982
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
204
Categories
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