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ist die Duldung oftmals die erste Stufe zur Erlangung eines Aufenthalts-
rechts und damit der erste Schritt aus der aufenthaltsrechtlichen Irregulari-
tät.161 Die Einbeziehung dieses Rechtsinstituts bereichert deshalb den Ver-
gleich. Weiters sind die Regularisierungen in Österreich und Deutschland
jeweils an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Der Rechtsvergleich
wird hierbei beantworten, ob „dieselbe rechtliche Funktion durch ver-
schiedene Rechtsfiguren wahrgenommen wird“.162 Obwohl Deutschland
und Österreich als „ideological opponents“ von Regularisierungen be-
zeichnet werden,163 wird der Rechtsvergleich zeigen, dass diese Behaup-
tung nicht länger aufrechterhalten werden kann, da beide Regularisierun-
gen einsetzen, um den irregulären Aufenthalt von Migrant*innen zu been-
den. Weiters beschäftigen beide Staaten noch die Folgen des „langen Som-
mers der Migration 2015“, wodurch es zu einer hohen Anzahl an Antrag-
stellungen auf internationalen Schutz gekommen ist.164
Alle drei Staaten sind Mitglieder der EU und daher Teil derselben supra-
nationalen Rechtsordnung. Folglich müssen sie auch dieselben unionsver-
fassungsrechtlichen Vorgaben erfüllen.165 Anders gesagt, haben sie durch
ihre Mitgliedschaft in der EU dieselbe programmatische Zielsetzung. So
hat sich die EU die „Bekämpfung“ irregulärer Einwanderung – als eines
der Kernelemente der unionalen Einwanderungspolitik166 – zum Ziel ge-
setzt. Eine nähere rechtsdogmatische Analyse der unionsrechtlichen Hand-
lungsspielräume im Bereich aufenthaltsrechtlicher Irregularität und Regu-
larisierungen erfolgt in Kapitel 3. Wie bereits kurz dargelegt, werde ich an
dieser Stelle eigenständige Beiträge zur rechtsdogmatischen Klärung ausle-
gungsbedürftiger Begriffe und Normen unterbreiten. Auch vor diesem
Hintergrund ist der kontextuelle Rechtsvergleich zweckmäßig, da ich in
der vorliegenden Arbeit untersuche, ob eine gemeinsame, unionsrechtli-
161 Siehe hierzu Kapitel 2.B.III.1.a.
162 Von Busse, Rechtsvergleichung 341.
163 Vgl Baldwin-Edwards/Kraler, Final Report v Jänner 2009, 8, 42; Kraler/Reichel/
Hollomey, Undocumented Migration: Country Report Austria, Clandestino Pro-
ject v November 2008/updated October 2009, http://irregular-migration.net/typ
o3_upload/groups/31/4.Background_Information/4.4.Country_Reports/Austria
_CountryReport_Clandestino_Nov 09_2.pdf (10.10.2018). Jüngst wesentlich
vorsichtiger Kraler, Journal of Immigrant and Refugee Studies 2019, 99
und 102.
164 Siehe die diesbezüglichen Verweise in Fn 29.
165 Siehe Kapitel 3.C.
166 Siehe Kapitel 3.A. und Kapitel 3.C. sowie Ter Steeg, Das Einwanderungskonzept
der EU (2006) 421ff oder Rossi in Calliess/Ruffert (Hrsg), EUV/AEUV Kommen-
tar5 (2016) Art 79 AEUV Rn6f, 22ff. D. Methodisches Vorgehen
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https://doi.org/10.5771/9783748902720, am 28.01.2020, 12:12:37
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Title
- Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
- Subtitle
- Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Author
- Kevin Fredy Hinterberger
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0272-0
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 514
- Category
- Recht und Politik