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werden können. Diese Ausnahmen werden aus Umfanggründen grund-
sätzlich nicht näher untersucht.204 Alle quasi-automatischen Aufenthalts-
rechte sind im Völker- und/oder Europarecht normiert, keine im nationa-
len Recht.205 Somit kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass
die Genehmigung des Aufenthalts von Migrant*innen nicht mehr im aus-
schließlichen Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten liegt.206 Dies ergibt
sich unter anderem aus den primärrechtlichen Bestimmungen, wie in der
Folge noch gezeigt wird. Allerdings haben die Mitgliedstaaten hierbei
noch vollziehende Kompetenzen.207
Im Gegensatz dazu verfügen die Mitgliedstaaten noch über Spielraum
den Aufenthalt von Migrant*innen, die aufenthaltsrechtlich nicht privile-
giert sind, zu begründen oder zu versagen, da keine europa- oder völker-
rechtlichen Ansprüche auf Aufenthalt gegeben sind.208 Jene Migrant*in-
nen, bei denen es sich um Drittstaatsangehörige im Sinne des Unions-
rechts handelt,209 können irregulär aufhältig sein, da sie gerade nicht in
den Genuss eines quasi-automatischen Aufenthaltsrechts kommen. Sind
sie irregulär aufhältig, fallen sie in den Anwendungsbereich der Rückfüh-
rungsRL.210 Grundsätzlich haben die Mitgliedstaaten gem Art 6 Abs 1
RückführungsRL die Verpflichtung eine Rückkehrentscheidung gegen ir-
regulär aufhältige Migrant*innen zu erlassen und ein Rückkehrverfahren
durchzuführen.211 Dies steht im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie,
und zwar „die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rückübernah-
mepolitik […], die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien
beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständi-
ger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt
werden“.212 Dennoch lässt die RückführungsRL den Mitgliedstaaten einen
weiten Ermessensspielraum in Bezug auf das Rückführungsverfahren.213 In
dem Zusammenhang hat der EuGH festgestellt, dass die Rückführungs-
204 Siehe aber Kapitel 1.B.I.
205 So auch Costello, Human Rights 18.
206 In dem Sinne auch bereits Guild, EJML 1999, 63.
207 Vgl Costello, Human Rights 28.
208 Siehe Fn 201.
209 Siehe nur Kapitel 1.C.I.
210 Art 2 Abs 1 RückführungsRL; vgl Lutz in Hailbronner/Thym (Hrsg), EU Immi-
gration and Asylum Law. A Commentary2 (2016) Art 2 Return Directive Rn1ff.
211 Siehe hierzu im Detail unten Kapitel 3.B.I.
212 EuGH Mahdi, Rn38.
213 Siehe nur Art 2 Abs 2, Art 6 Abs 6 und Art 8 Abs 6 RückführungsRL sowie Ka-
pitel 3.B.I. In Bezug auf Art 3 Z 4 RückführungsRL siehe EuGH 6.12.2012,
C-430/11, ECLI:EU:C:2012:777, Sagor, Rn39.
Kapitel 1 – Die Mehrebenenanalyse der Aufenthaltsrechte von Migrant*innen
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https://doi.org/10.5771/9783748902720, am 28.01.2020, 12:12:37
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Title
- Regularisierungen irregulär aufhältiger Migrantinnen und Migranten
- Subtitle
- Deutschland, Österreich und Spanien im Rechtsvergleich
- Author
- Kevin Fredy Hinterberger
- Publisher
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0272-0
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 514
- Category
- Recht und Politik