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SchaukaldieArchitekturvonAdolfLoos(1870â1933) frĂŒhwĂŒrdigteundimglei-
chenMaĂe zu schĂ€tzenwusstewie Renaissance- undBarockmalerei, fĂŒgt sich
in daswiderspruchsbeladeneBild des kaisertreuenBeamtendichters, derAnti-
semitwarunddenAnschlussĂsterreichsanHitler-Deutschlandablehnte.
SeineRollealsVerfechter reaktionÀrerPositionenunddieVerbindungvonpo-
litischemundkritischemWirkensindkaumzuĂŒberschĂ€tzen.VorallemSchaukals
Essays erreichtennichtnur inWieneinegroĂeLeserschaft, sondern imgesamten
deutschen Sprachraum. Er publizierte in Zeitungen und Zeitschriftenmit Redak-
tionssitz in BrĂŒnn, Leipzig,MĂŒnchen,Wien, Berlin, Essen,NĂŒrnberg, Darmstadt,
StuttgartundChemnitz,umnureinigezunennen.Die1929gegrĂŒndete âSchaukal-
GesellschaftâzĂ€hlte zeitweiseĂŒber300Mitgliederundavancierte inderZwischen-
kriegszeit zu einem Zentrum konservativer Ideologie. Doch im Laufe der 1930er
JahresankdieMitgliederzahl rapide;mancheAustrittewurdenmitSchaukalsam-
bivalenterHaltungzumNationalsozialismusbegrĂŒndet, vondemersichnachan-
fÀnglichenSympathiebekundungenöffentlichdistanzierte.7
Die letzten Lebensjahre des pensionierten Sektionschefs waren vonmate-
riellerNotundVerbitterungĂŒber fehlendeAnerkennunggeprĂ€gt. IndenspĂ€ten
Briefenbittet Schaukal seineKontakte nichtmehr nur um literarischeVermitt-
lung,sondernauchumBrennholz,Kohle,Nahrungsmittel.
In Richard Schaukals Biographie lassen sich zwei wiederkehrende Mo-
menteausmachen,die fĂŒr seinePosition im literarischenFeldund indenNetz-
werken der Moderne ganz entscheidend waren. Zum einen setzte er sich
kontinuierlichâ undnicht nur als Vertreter der Dekadenzdichtungâmit bĂŒr-
gerlichenundantibĂŒrgerlichenVerhaltensmustern auseinander. DieseAusein-
andersetzung erfolgte in Form von regelmĂ€ĂigenĂuĂerungen ĂŒber die Buch-,
Schreib- und Lesekultur. DieMediatisierung undVerbreitung der Lesekompe-
tenz empfand Schaukal ebenso wie die fortschreitende Ăkonomisierung von
PresseundLiteraturalskonkreteStatusbedrohung.Auchdeshalbstellteer sich
(öffentlich)dieFrage,oberamkulturkritischenDiskursundpolitischenBetrieb
partizipierenoder oberdiesesEngagement verweigern sollte. SchaukalwÀhlte
zurVerbreitung seinerKulturkritik einenZwischenweg,der seiner inszenierten
Weltabgewandtheit und einem im Grunde doch auch ideologischen Wirken
gleichermaĂen Rechnung tragen sollte. Dies mĂŒndete in kontradiktorische
Selbstreflexionenundvielfachwiederholte IndividualitÀtsbekenntnisse:
7 Vgl. Richard Schaukal: Nationalismus. In: Der Christliche StÀndestaat, 1. Jg., Nr. 23 (1934),
S. 3â4; Schaukal: Was wird aus Deutschland? In: Der Christliche StĂ€ndestaat, 1. Jg., Nr. 32
(1934),S.9â10. Einleitung:WiderspruchsgeisteinesBeamtendichters 3
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Title
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Author
- Cornelius Mitterer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 312
- Categories
- Weiteres Belletristik