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„Epigonentums“.108 Der Vergleichmit literarischen „Vorgängern und Zeitge-
nossen“109 erfolgt häufigmit Blick aufAndreas von Balthesser.Balthesser ist
nicht allein in Anlehnung an den französischen und britischen Dandytypus
entstanden, sondern transportiert ein auf die Doppelmonarchie fokussiertes,
eigenständiges Selbstbewusstsein. Das und die innovative Vermischung ver-
schiedener Gattungs- und Autorschaftskonzepte mag zur breiten Rezeption
beigetragen haben.110 Obwohl sich Schaukal vor allem in späteren Texten
gegeneineGleichsetzungmitdemTitelheldenwehrteund inseinemAnliegen
missverstanden zeigte, legte er selbst immer wieder autobiographische Fähr-
ten.DieAbhandlungVomGeschmack (1910)widmete Schaukal „seinem lieben
AndreasvonBalthesser“. DerErfolgdesDandybuchsdient jedenfalls bisheute
als Legitimation fĂĽr die Biographie- und UntersuchungswĂĽrdigkeit Richard
Schaukals. GleichzeitigmachtAndreas vonBalthesserdas vermeintlicheSchei-
tern seiner poetischen AnsprĂĽche umso deutlicher, da das Werk als literari-
scherGlanzpunktundökonomischerErfolgeineransonstendurchschnittlichen
Schriftstellerkarriere gewertetwird.Andreas vonBalthesser schrieb sich inden
weiteren Literaturkanon der Wiener Moderne ein und erzeugte im Umkehr-
schluss ein Bild, das Richard Schaukal mit der österreichischen Version des
Dandysgleichsetzt.
1.3 BiographieundKanon
Jan Assmanns AusfĂĽhrungen zu Bedeutung und Funktion des kulturellen Ge-
dächtnisses stehen auchmit der Biographietheorie in Kontext, handeln sie doch
von kollektiven Tradierungsverfahren (in frĂĽhenHochkulturen) und von der Be-
deutung, dieKanons für schriftlich geprägteGesellschaften einnehmen. In seiner
Studie bezeichnet Assmann das kulturelle Gedächtnis als Ort der Objektivie-
rung vonalltäglichenEreignissenund individuellenErinnerungen, die durch
dieWiederholung imRitus Bestand haben; in einemgemeinschaftlichen Selek-
tionsverfahrenwerden bedeutungsvolle kollektive Erinnerungen gebĂĽndelt,mit
symbolischemWert versehenund imkulturellenGedächtnis abgespeichert. Die
108 Pietzcker:RichardvonSchaukal, S. 13.AuchPeter Sprengelhandelt SchaukalundZweig
unter demEpigonalitätsbegriff ab; vgl. Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur
1900–1918. Von der Jahrhundertwende bis zumEnde des ErstenWeltkriegs. München 2004,
S. 249–251.
109 Pietzcker:RichardvonSchaukal,S. 13.
110 Vgl. Peter-André Alt: Mode ohneMethode? Überlegungen zu einer Theorie der literatur-
wissenschaftlichenBiographik. In:GrundlagenderBiographik,S. 23–39.
1 Biographie:GattungundTheorieamBeispielRichardSchaukals 29
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Title
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Author
- Cornelius Mitterer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 312
- Categories
- Weiteres Belletristik