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bleiben. Dieses VorhabenmĂŒndete jedoch in einer Ăberforderung und Ăber-
schÀtzung des Lesepublikums, das einen sozialenWandel vollzogen hatte.59
TrotzdeshohenStellenwertes vonDerMannohneEigenschaften erzielteMusil
nicht dieselbe internationale Resonanz wie etwa Thomas Mann oder Bertolt
Brecht (1898â1956), deren (auch posthume) Erfolge sichmit jener â bewusst
oder indirekt eingesetzten â âdoppelten Optikâ erklĂ€ren lieĂen, die Musil im
MannohneEigenschaften ironischaufgreift.60 InAbgrenzungvorallemzuTho-
mas Mann, dessen Werk und Wirken Wolf als entscheidende poetologische
ReibflĂ€che Musils ausmacht, wollte jener nicht sein âgeistiges Kapital zu
hohen Zinsen [anlegen]â, wie der Autor in Vorwegnahmeder Bourdieuâschen
Terminologie konstatiert.61 Musils Intention, die literarische GroĂform mit
fragmentarisch-aphoristischer Prosa zu versöhnen, generierte kulturelles und
symbolisches, jedochkaumökonomischesKapital. ĂhnlichverhĂ€lt es sichmit
Schaukals erfolgreichemAndreas vonBalthesser, der zumTeil imLichte einer
doppeltenOptik stand.DasBuchvertrat einenkonservativensozialpolitischen
sowie einen innovativen artistischenAnspruch und erfĂŒllte im Prinzip âhoheâ
wie âniedereâ LesebedĂŒrfnisse. Aus diesemGrundwarAndreas von Balthesser
Schaukals einzigerVerkaufserfolg, der auchnach seinemTod, abgesehenvon
der Aufnahme in die Werkausgabe Mitte der 1960er Jahre,62 1986 von Cotta
und 2013 vonMinerva als wiederentdeckungswĂŒrdig erachtet und erneut auf
denMarktgebrachtwurde.
WieMusil blickte auch Schaukal neidvoll und anerkennend auf den âGroĂ-
schriftsstellerâThomasMann.Mannkokettiertebereits zuBeginndesBriefwech-
selsmit seinemangehendenDichterruhm.Am1. April 1901 verkĂŒndete er, dass
baldbeiS.FischereinRomanerscheine,derwohlâdreibisvierBĂ€ndeâumfassen
werde. âIhre Tagebuch-Bemerkung, daĂmehrbĂ€ndigeWerke IhnenGrauen ein-
flöĂen, könntenmich zwar einschĂŒchternâ, so Mann. âAber vielleicht war das
nurdamalsdieUngedulddes âZwanzigjĂ€hrigenâ,undvielleichthaltenSiees jetzt
beiEinem,zudemSieJasagen,auchmehrereBĂ€ndelangaus.â63
59 Vgl.Bachleitner/Eybl/Fischer:GeschichtedesBuchhandels inĂsterreich,S. 245â247.
60 Vgl.Wolf:KakanienalsGesellschaftskonstruktion,S. 1167â1168.
61 RobertMusil:GesammelteWerke inneunBĂ€nden.Bd.8:EssaysundReden.Hg. vonAdolf
Frisé.ReinbekbeiHamburg1978,S. 1199.
62 Vgl.WE.Bd.2:Umdie Jahrhundertwende.MĂŒnchen/Wien1965,S. 229â312.
63 Brief Manns an Schaukal, in: Girardi (Hg.): Thomas Mann: Briefe an Richard Schaukal,
S. 28â29 (TMSch3). ThomasMannspielt auf Schaukals IntĂ©rieursausdemLebenderZwanzig-
jÀhrigenan,diedieser ihmzuvorzugesandthatte.
108 III Schaukal inNetzwerkenundFeldernderModerne
Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Title
- Richard Schaukal in Netzwerken und Feldern der literarischen Moderne
- Author
- Cornelius Mitterer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-061823-5
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 312
- Categories
- Weiteres Belletristik