Page - 43 - in Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Österreichisch-sowjetische Kulturkontakte 1918/38 43
Entwicklungen im Bühnenstil des „Russischen Theaters“ und einen „Versuch
russischer Opernkunst“ zu zeigen.47
Die Idee zu dem ungewöhnlichen Spektakel hatte der Direktor des Salzburger
Mozarteums Bernhard Paumgartner gehabt, dessen Opera buffa Die Höhle von
Salamanca Ende April 1928 vom Mejerchol’d-Schüler Ėmmanuil Kaplan nach Art
des Neuen Theaters in Leningrad inszeniert worden war.48 In Österreich dagegen
harrte sein Werk noch der Premiere. Wohl auch deshalb forcierte Paumgartner
als Mitglied des Festspielkuratoriums die Einladung des Leningrader Opern-
studios nach Salzburg. Er konnte sich dabei auf die Hilfe des UE-Mitarbeiters
Dzimitrovskij bei den Verhandlungen mit den sowjetischen Stellen stützen.49
Die Gäste übernahmen sogar die Reisekosten, um an der prestigeträchtigen
Veranstaltung teilnehmen zu können. Dieser Umstand stellte für die Organi-
satoren wegen Kürzungen bei den Fördermitteln ein entscheidendes Argument
dar. Gleichzeitig ließ das vorgesehene Programm des Leningrader Opernstudios
keine politischen Bedenken aufkommen:
Bernhard Paumgartners Die Höhle von
Salamanca, das so kurioserweise in russischer Sprache seine Premiere in Öster-
reich erleben sollte, die Oper Bastien und Bastienne
– ein Jugendwerk Mozarts
–
sowie russische Opern des 19. Jahrhunderts, nämlich Aleksandr Dargomyžskijs
Der steinerne Gast und Nikolaj Rimskij-Korsakovs Der untersterbliche Kaščej,
gelangten in der Zeit von 3. bis 12. August in Salzburg zur Aufführung.50
Bei den ersten Vorstellungen blieben in den Rängen noch viele Plätze
frei,51 doch die Kulturjournalisten verfolgten das „Russengastspiel“ mit gro-
ßer Aufmerksamkeit.52 Die Kritik spießte sich insbesondere an der Inszenie-
rung der Mozart-Oper Bastien und Bastienne im Stil des Neuen Theaters. Der
47 N.N.: Das Russengastspiel in Salzburg. In: Salzburger Volksblatt (18.7.1928), S. 7.
48 Vgl. Nachlass Bernhard Paumgartner, Paris-Lodron-Universität Salzburg, FB Kunst-,
Musik- und Tanzwissenschaft: Kaplan an Paumgartner, [o.D., vor dem 23.4.1928];
ebd.: Dzimitrowsky an Paumgartner, 3.5.1928.
49 Vgl. GARF R-5283/10/161, 61–62: Paumgartner an Dzimitrowsky, 7.5.1928; ebd.,
63: Dzimitrowsky an die Direktion des Staatlichen Konservatoriums in Leningrad,
9.5.1928.
50 Vgl. Gallup, Geschichte, S.
69f., bzw.:
N.N.:
Noch einmal das Russen-Gastspiel. In:
Salz-
burger Volksblatt (20.7.1928), S. 6.
51 Vgl. GARF R-5284/1a/108, 24: Riš an die Leitung des Leningrader Konservatoriums,
18.8.1928; ebd., 28–31: Kalina an NIKD u. VOKS, 17.8.1928; Archiv der Salzburger
Festspiele: Festspiele 1928, Gastspiele des Leningrader Opernstudios. Programmzet-
tel.
– Vgl. dazu auch:
Hans Jaklitsch:
Die Salzburger Festspiele. Bd.
3. Verzeichnis der
Werke und der Künstler 1920–1990. Salzburg: Residenz Verlag 1991, S. 11.
52 Vgl. Köstenberger, „Bolschewikeneinbruch …“, S.
257–260.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Title
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Subtitle
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Author
- Primus-Heinz Kucher
- Editor
- Rebecca Unterberger
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 466
- Category
- Kunst und Kultur