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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Österreichisch-sowjetische Kulturkontakte 1918/38 45 Aufenthalt in Moskau und Leningrad veröffentlichte er im Oktober-Novem- ber 1928 in der Neuen Freien Presse, dem bürgerlich-liberalen Leitorgan unter den Wiener Tageszeitungen, das sechsteilige Feuilleton „Reise nach Rußland“.59 Darin schildert Zweig seine Eindrücke über weite Strecken in einer Weise, die wohl kein besonderes Aufsehen verursacht hätte. Allerdings enthält der Text auch zahlreiche Passagen, die von einem Grundton der Sympathie und Bewun- derung für das „ungeheuerste soziale Experiment“60 durchdrungen sind, vor allem die Kultur- und Bildungspolitik betreffend: Über die gewaltsame Requirierung privaten Kunsteigentums zugunsten der ganzen Nation sich zu begeistern oder zu erbittern, bleibt ein Politikum:  jedenfalls genießt zur- zeit der Fremde und der Kunstfreund das aktuelle Resultat als eine Überwältigung mit beispielloser Vielfalt und Fülle.61 Im Epilog des Feuilletons, der am Tag vor dem 11.  Jahrestag der Oktoberrevo- lution erschien, kritisierte Zweig gar den „westlichen Hochmut“ und die west- lichen Vorurteile gegenüber Russland.62 Dieser Beitrag zur „Russlandliteratur“ ist für den „unpolitischen“ Zweig als ein außergewöhnliches Statement einzu- schätzen, umso mehr, als Zweig damals erstaunlich gut die Mechanismen des Stalinismus und den Terror des Regimes erkannt zu haben scheint. Doch der Pazifist erachtete es als „Fehler, der russischen Revolution jetzt in den Rücken zu fallen“.63 4 Krise (1930–1932) Die Wende in der Stalin’schen Politik 1928 hin zum „Aufbau des Sozialismus in einem Land“, das heißt Parteireinigungen, „verschärfter Klassenkampf“, Plan- wirtschaft und der Sozialistische Realismus als neue Leitlinie in der Kunst wirkte sich bald auf die VOKS und die Kulturbeziehungen aus. Kameneva, die Schwes- ter Lev Trockijs, wurde als VOKS-Vorsitzende abgesetzt und in der Auslands- kulturorganisation kam es zu einem massiven Personalwechsel, zu merklichem Kompetenzverlust und einer Verbürokratisierung der Arbeit.64 59 Stefan Zweig:  Reise nach Rußland. In:  NFP (21.10.1928), S.  1f.; (23.10.1928), S.  1–3; (26.10.1928), S.  1–3; (28.10.1928), S.  1–3; (1.11.1928), S.  1–3, (6.11.1928), S.  1f. 60 Ders.:  Reise nach Rußland. In:  NFP (26.10.1928), S.  1–3, zit. S.  2. 61 Ebd., S.  1. 62 Ders.:  Reise nach Rußland. In:  NFP (6.11.1928), S.  1f., zit. S.  2. 63 Stefan Zweig an Romain Rolland (3.10.1938). In:  Stefan Zweig:  Briefe. Bd.  3, 1920– 1931. Hrsg. von Kunt Beck u.  Jeffrey B. Berlin. Frankfurt a.M.:  S. Fischer 2000, S.  230. 64 Vgl. Köstenberger, Kulturkontakte, S.  244f.
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Title
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Subtitle
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Author
Primus-Heinz Kucher
Editor
Rebecca Unterberger
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Size
14.8 x 21.0 cm
Pages
466
Category
Kunst und Kultur
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