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Katja
Plachov150
Übersetzungen, etwa ins Englische, Portugiesische und Italienische, hin.3 In den
USA ist das Werk zuletzt 1965, also drei Jahre nach der Kubakrise, in Westberlin
dann im Jahre 1978 – in stark gekürzter Fassung unter dem Titel Fantasie und
Alltag in Sowjet-Rußland. Ein Augenzeugenbericht – erneut herausgegeben wor-
den.4
Die Tatsache, dass Fülöp-Millers Werk im Europa der Zwischenkriegszeit
stark rezipiert worden ist und dass seine Deutungslinien auch in Zeiten des Kal-
ten Krieges noch gültig schienen, zieht einige Fragen nach sich: Welche Ein-
schätzungen und Erklärungen zur aktuellen Lage in der Sowjetunion werden
in dem Text vermittelt? Auf welche Themen hat sich Fülöp-Miller konzentriert
und welche rhetorischen Strategien angewendet, um diese für sein Lesepubli-
kum schlüssig aufzubereiten? Für die Untersuchung ist zudem Fülöp-Miller in
seiner Rolle als Akteur zwischen dem deutschsprachigen Westeuropa und Russ-
land und den damit verbundenen pragmatischen Faktoren zu betrachten. Wel-
che Kontakte stehen ihm bei der Recherche zur Verfügung? Warum hat er sich
ausgerechnet dieser Thematik angenommen? Die seit dem kommunistischen
Umsturz und nach Ende des Ersten Weltkriegs nahezu unüberschaubar gewor-
dene Zahl an Russland-Publikationen im deutschsprachigen Raum hatte ihren
3 René Fülöp-Miller: Mind and face of bolshevism: An examination of cultural life
in Soviet Russia. Translated from the German by F.S. Flint and D.F. Tait. London-
New York: G.P. Putnam’s Sons Ltd. 1927; ders.: The mind and face of bolshevism.
New York: Alfred A. Knopf 1928; ders.: The Mind and Face of Bolshevism. An Exa-
mination of Cultural Life in Soviet Russia. With a new epilogue „Changes in Soviet
life and culture during the last decades“ and a new bibliography. New
York:
Harper &
Row 1965 [diese letzte Auflage des Werks erschien zwei Jahre nach dem Tod Fülöp-
Millers]; ders.:
Il volto del bolscevismo. Milano:
Bompiani 1930; ders.:
Espirito e phy-
sionomia do Bolchevismo: descripção e critica da vida cultural da Russia Sovietica.
Pôrto Alegre: Ed. da Livraria do Globo 1935.
4 In seinem Vorwort benennt Siepmann die Bedeutung von Geist und Gesicht wie
folgt:
„Spannend und wertvoll ist Fülöp-Millers Veröffentlichung durch die akribische
Schilderung des sowjetrussischen Alltags, durch Beschreibungen, die vor allem von
detailbezogener Sachlichkeit und oft fast kindlichem Staunen geprägt sind. Ganz
anders die politisch-philosophische Begleitmusik, mit der der Autor seinen Bericht
auf den ersten und letzten Seiten verziert. Hier […] hört man die Eltern und Lehrer
tönen, hier tritt uns der Anti-Kommunismus noch in seinem alten gedrechselten,
vor-springer’schen Kostüm entgegen.“ (Eckhard Siepmann (Hg.): René Fülöp-
Miller: Fantasie und Alltag in Sowjet-Russland. Ein Augenzeugenbericht. Berlin
(West): Elefanten-Press 1978, S. 6.)
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Title
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Subtitle
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Author
- Primus-Heinz Kucher
- Editor
- Rebecca Unterberger
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 466
- Category
- Kunst und Kultur