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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
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Gregors Sowjetreise und Das russische Theater 187 3 Das russische Theater als Ausformungen des Symbolismus Damit ist ein zentraler Begriff von Gregors Verständnis des russischen Theaters angesprochen, denn gerade in der Entdeckung des Symbolismus auf der Bühne sieht Gregor den wichtigsten ‚Augenblick‘ des russischen Theaters [vgl. RT  32]. Nicht feststehende Prägung, sondern permanente Neuschaffung des Symbols zeichne das russische Theater aus. So kann er das gesamte russische Theater unter den Wandlungsformen des Symbols kategorisieren. Den Impressionisten Léon Bakst, der seine Bühne zu einem freien, unerschöpfli- chen, doch stets auf das Theater bezogenen Bildraum entwickelt habe („unerschöpf- lich zur Aufnahme der Wunder des Balletts“), versteht Gregor als Vertreter eines reinen „Symbolismus der Farbe, des Ornaments, der Bewegung“ [RT 34f.]. Nichts sei mehr Dekoration um der Dekoration willen. Während Baksts Verhältnis zu den Objekten noch ‚impressionistisch‘ sei, jedes Objekt vielerlei Formen annehmen könne, gewinnen die Dinge bei Michail Larionov ‚Wesen‘. Die Fülle weicht wenigen Bewegungen und Andeutungen. „Die weichen Formen verhärten und zerbrechen, die Andeutung kehrt auf das russische Theater zurück, das Symbol“ wird wieder ‚russisch‘. Mit Ost-West-Dichotomien und Länderstereotypen agierend, hält Gre- gor fest:  „Es ist so, als fürchte man sich vor dem Uferlosen des Auslandes, kehrt aus dem lachenden Frankreich, dem finsteren Deutschland, dem schreienden Amerika in die geheiligte symbolische Enge des Ikons zurück.“ [RT  36] Hier zerbreche die Weichheit des (impressionistischen) Bildes; die Teile werden bedeutend für das Ganze, wirken nicht mehr bildhaft, sondern hart symbolisch wie einige Arbeiten Gončarovas. Hinsichtlich der Bühnenzeichnung bedeutet dies laut Gregor:  Über- gang vom Malerischen zum Theatralischen [vgl. ebd.]. Wenn Gregor im Folgenden das Theater nach der Oktoberrevolution behan- delt, kann er, entgegen seiner im Vorwort angekündigten Absicht, freilich nicht umhin, Gesellschaftliches und Politisches zu streifen. Theater bedeute in Russ- land seit der Revolution „eine Art Ersatz für eine Menge verlorener Kategorien, wie Religion, Privatleben, individueller Liebe, allerlei Erlebnisse persönlicher Natur, die der herrschende Kollektivismus aufgesucht hat“. So werde ein Thea- terbesuch zu einer „berauschende[n] Möglichkeit, sich unkontrollierbar in der Phantasie ausleben zu können“ [RT  39].34 Da sich auf der Bühne (wie im Film) 34 Als „Zufluchtstätte aller abgedrängten Wünsche“ interpretierte Gregor das sowjetische Theater auch in seinem Vortrag im Redoutensaal. Dort heißt es u.a.:  „Das russische Theater ist das grösste [sic] Beispiel der Geschichte, wie das Leben durch die Phantasie zu überwinden sei. Wenn soviel aus den privaten Kategorien des Lebens gestrichen ist, individuelle Liebe, Religion, Eigentum, wenn wir alle nur im Kollektivum leben und
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Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Title
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Subtitle
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Author
Primus-Heinz Kucher
Editor
Rebecca Unterberger
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-631-78199-9
Size
14.8 x 21.0 cm
Pages
466
Category
Kunst und Kultur
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