Page - 239 - in Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹ - Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
Image of the Page - 239 -
Text of the Page - 239 -
Marco Hoffmann
„… bald heulen Sirenen ihr Lied“: Max Brands
Oper Maschinist Hopkins aus der Perspektive
der russischen Avantgarde
Abstract: Max Brand‘s opera Maschinist Hopkins (1928/1929) is considered as one of the
most intriguing musical compositions of the late 1920s, spanning from Viennese Expres-
sionism, New Objectivity to Futurism. But it also seems to allude to contemporary Soviet
avant-garde conceptions of Mosolov even if its plot is anchored in an American proletarian
setting and a romantic entertainment culture. The essay seeks to follow these traces and to
identify Brand’s work as a prototype of cultural fusion and reception attitudes.
Wäre es kein Fehler, übersehen zu wollen, daß die Technik,
der so wichtige Wegbereiter des neuzeitlichen Menschen,
ihre Formung im Kunstwerk, sowie die Verwendung ihrer
neuen und vollkommenen Ausdrucksmittel kategorisch
fordert?1
Was der Wiener Komponist Max Brand Mitte der 1920er Jahre im österreichi-
schen Fachmagazin Musikblätter des Anbruch gefordert hat, ist nichts weniger
als die Vision eines zukünftigen Musiktheaters. Die kühnen Ideen von damals –
von einer beweglichen Bühne bis hin zu einer maschinellen Musik, die ohne
menschlichen Zugriff existieren kann – wirken aus heutiger Sicht zwar kaum
noch spektakulär. Nichtsdestotrotz sind Brands Einfälle, seine technische Affini-
tät mit Akzentuierung des „neuzeitlichen Menschen“, als „futuristisch“ einzu-
schätzen. Doch wie viel Futurismus steckt rein faktisch in Brands Musik? Stellen
wir uns diese Frage, so müssen wir nicht nur die Musikkultur Österreichs, in
der Brand verwurzelt erscheint, sondern auch – und insbesondere für die Zwi-
schenkriegszeit
– die Russlands in den Blick nehmen. In Russland nämlich hatte
eine radikale Avantgarde schon vor dem Krieg mit der Tradition gebrochen und
damit eine grundlegende kulturelle Bewegung initiiert, die sich nach der Okto-
berrevolution weiter in verschiedene Zweige aufsplittern und zuspitzen sollte.
1 Max Brand: „Mechanische Musik“ und das Problem der Oper. In: Musikblätter des
Anbruch. Nr. 8/1926 (Sonderheft „Musik und Maschine“), S. 336–339, zit. S. 338.
Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Title
- Der lange Schatten des ›Roten Oktober‹
- Subtitle
- Zur Relevanz und Rezeption sowjet-russischer Kunst, Kultur und Literatur in Österreich 1918–1938
- Author
- Primus-Heinz Kucher
- Editor
- Rebecca Unterberger
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-631-78199-9
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 466
- Category
- Kunst und Kultur