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44 Werner Telesko
flechten. In seinem Beitrag Die Plastik Wiens in diesem Jahrhundert 53 macht er etwa kein
Hehl daraus, dass er es bedauert, dass man trotz der von ihm initiierten Initiativen vom
Prinzip abgegangen sei, durch höfische Preisausschreibungen das Niveau der künst-
lerischen Arbeiten zu heben.54 Wenn er vom »geistige[n] Bevormundungssystem«55
der ersten Jahrhunderthälfte spricht, dann ist zudem klar, dass er hier in dezidierter
Weise die Analyse mit seinem politischen Bekenntnis vermischt, das ihn nach wie vor
als Befürworter der Revolution des Jahres 1848 ausweist, auch wenn er sich später da-
von zu distanzieren versuchte. Interessiert ist Eitelberger vor allem an kunstpolitischen
Bestrebungen, die »sogenannte monumentale Kunst«56 zu unterstützen, also etwa die
Denkmalplastik im öffentlichen Raum zu fördern. Seinem seit 1848 amtierenden neuen
Herrn ist das Credo geschuldet, dass nun jedem Beobachter der zeitgenössischen Situ-
ation klar sein müsse, »welch’ kolossalen Fortschritt die Kunst und speciell die Plastik
gemacht hat seit der Zeit, als Kaiser Franz Josef den Thron bestiegen hat«57. Eitelberger
demonstriert damit nachdrücklich, dass er bestimmte Kunstgattungen nach Konjunktu-
ren betrachtet, die auf Kriterien und Parametern basieren, die von ihm persönlich aufge-
stellt wurden. Frappant ist dabei sein fast alleiniges Interesse an der Blüte künstlerischer
Gattungen in Zusammenhang mit Aufträgen von Seiten des habsburgischen Kaiser-
hauses. Im genannten Beitrag erfährt man etwa so gut wie nichts über einzelne Werke,
schon gar nichts über ihre formalen Aspekte, sondern Eitelberger postuliert von Beginn
an die seiner Meinung nach notwendige »geistige Atmosphäre«58, die zum »Gedeihen
der Plastik«59 unerlässlich sei. Dem Zuschnitt nach kann dieses Programm in der Tradi-
tion frühneuzeitlicher absolutistischer Kunstpolitik mit ihrem unbedingten Glauben an
einen direkten Zugriff des Herrschers auf die Möglichkeiten gelenkter Kulturproduk-
tion verortet werden.
In diesem Sinn lesen sich seine Ausführungen wie eine Programmschrift kaiserlicher
Kunstpolitik mit nachgeordneter historischer Zielsetzung. In seiner in der Kunstgewer-
beschule des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie gehaltenen Festrede Ge-
schichte und Geschichtsmalerei aus Anlass der Habsburgfeier am 22. December 1882 wird er
noch deutlicher, da er hier explizit meint, »Geschichtsmalerei und Geschichtschreibung
53 R. Eitelberger von Edelberg, Die Plastik Wiens in diesem Jahrhundert [1877], in : ders., Ge-
sammelte kunsthistorische Schriften, I (zit. Anm.
47), S.
104–157. Siehe dazu auch Martin Engels
Beitrag im vorliegenden Band.
54 Ebenda, S.
113.
55 Ebenda, S.
115, S.
118.
56 Ebenda, S.
119.
57 Ebenda, S.
120, ähnlich S.
123 ; grundsätzlich : Rampley, Vienna School (zit. Anm.
3), S.
142–146.
58 Eitelberger, Plastik (zit. Anm.
53), S.
143.
59 Ebenda.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien