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46 Werner Telesko
ResĂĽmeeÂ
– Eitelberger und die habsburgische Kulturpolitik
An der Wiege der Wiener Kunstgeschichte steht somit letztlich kein Formalästhet, son-
dern ein ehrgeiziger und umtriebiger Kulturideologe,64 der als Ex-1848er – nun aber
im Sold der Dynastie agierend – das politische Projekt »of maintaining the cultural
cohesion of the Habsburg State«65 in allen ihm zur Verfügung stehenden universitären,
denkmalpflegerischen und musealen Tätigkeitsfeldern beförderte. Ästhetik und Kunst-
geschichte sind in seinem Denken – im Gegensatz zu Alois Riegls (1858–1905) ganz
anders gearteten Anschauungen66 – nicht primär wissenschaftsimmanente Kategorien,
sondern sie stehen vor allem im Dienst der habsburgischen BemĂĽhungen im Ringen
um die ästhetische Hegemonie in Europa, und dies hauptsächlich unter dem Aspekt
des Kampfes gegen die angeblich französische Dominanz.67 Zugrunde lag dem die prä-
gende Vision eines habsburgischen »imperial outlook«68, die den ethnisch begründeten
Multikulturalismus des Vielvölkerreiches der Idee des kulturpolitischen Primats der
Dynastie unterzuordnen versuchte.
Damit schließt sich – auch angesichts der schillernden Biografie Eitelbergers – zu-
gleich der Kreis, da nur dessen geschickt betriebenes wissenschafts- und kulturpoli-
tisches Networking, das zugleich ganz im Zeichen einer beachtlichen »institutional
diversification«69 der Kunstgeschichte in den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts in
Ă–sterreich stand, einen entsprechend breiten Einfluss auf das Kulturleben der Mon-
archie sowie die Entwicklung des Faches Kunstgeschichte70 insgesamt zu garantieren
vermochte.
Wenn Eduard Hanslicks Autonomieästhetik – als radikaler Versuch einer Tren-
nung der Musik von ihren gesellschaftlich-politischen Zusammenhängen – auch als
64 Vasold, Riegl (zit. Anm. 3), S. 47, konstatiert bei Eitelberger eine »superposition des buts politi-
ques […] de ceux du chercheur en histoire de l’art.«
65 Rampley, Design Reform (zit. Anm.Â
10), S.Â
256.
66 Vgl. Vasold, Riegl (zit. Anm.Â
3), S.Â
55.
67 Rampley, Design Reform (zit. Anm.Â
10), S.Â
259. Beachtlich bleibt auch Eitelbergers intensive lite-
rarische Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen französischen Kunstproduktion. Besonders
deutlich ablesbar wird dieser Aspekt in seinem Werk Briefe ĂĽber die moderne Kunst Frankreichs bei
Gelegenheit der Pariser Ausstellung im Jahre 1855 (Wien 1858), dasÂ
– entsprechend der Analyse einer
WeltausstellungÂ
– ganz im Zeichen nationalen Konkurrenzdenkens steht.
68 Rampley, Art History (zit. Anm.Â
24), S.Â
459.
69 Rampley, Eitelberger (zit. Anm.Â
15), S.Â
68.
70 Siehe hier vor allem die Ausrichtung des durch das Programm Eitelbergers maĂźgeblich bestimm-
ten ersten Internationalen Kongresses fĂĽr Kunstgeschichte in Wien (1873), vgl. Vasold, Riegl (zit.
Anm.Â
3), S.Â
92 ; Rampley, Art History (zit. Anm.Â
24), S.Â
449 ; Rampley, Eitelberger (zit. Anm.Â
15),
S.Â
71–74.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia RĂĽdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien