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58 Andrea Mayr
Schmidls Oesterreichischen Blättern für Literatur, Kunst, etc.43 Demnach lag der Schwer-
punkt neben Figuren aus Holz hauptsächlich auf Holzschnitten, Kupferstichen und
Zeichnungen von Lucas Cranach, Albrecht DĂĽrer, Rembrandt, Rubens, Raffael oder
Martin Schongauer. Eitelberger betont hier mehrmals den auĂźerordentlichen Wert der
Sammlung, der ihr durch das besondere Augenmerk Böhms auf Vollständigkeit in al-
len Kunstgattungen und Perioden zugekommen war. Laut Eitelberger sammelte Böhm
auch während seiner Zeit in Rom, und zwar im »historischen und lehrhaften Sinne«44.
Damit war gleichsam Böhms Anspruch verknüpft, dem kunstinteressierten Publikum in
Wien das Bild einer Kunstentwicklung darstellen zu können. Seine Sammlung, die sich
durch regen Tausch und Wiederverkauf entwickelt haben soll, war nicht nur auf persön-
lichen Genuss hin ausgelegt, sondern sollte dem Publikum einen lehrreichen Einblick
in die Geschichte der Kunst bieten und sämtliche Gattungen in ihren unterschiedlichen
Entwicklungsstufen umfassen. Als ausĂĽbender KĂĽnstler und Graveur war er stets auch
an Technik und Material des jeweiligen Objekts interessiert.45 Seine Sammlertätigkeit
begann relativ rasch nach seiner Ankunft in Wien um 1813. Prägend waren hier die
schon genannte Fries’sche Kunstsammlung und der Einfluss Rechbergers. Böhm sam-
melte sämtliche Kunstgattungen : Neben einer großen Anzahl an Handzeichnungen
beinhaltete die Sammlung vorwiegend Graphiken, Holzschnitte, Gemälde, Münzen
und Medaillen – von der Antike bis zur Neuzeit –, Werke deutscher Kleinplastik des
15. und 16.Â
Jahrhunderts, antike und ostasiatische Kleinkunst sowie Bücher und Möbel.
Für Böhm, der selbst früh als Holzschnitzer begonnen hatte, waren Objekte aus diesem
Kunstfach besonders wertvoll.46 Zu seinen ersten um 1817 erworbenen Werken zäh-
len zwei Holzfiguren von Conrat Meit (1470–1550), die zeitlebens bedeutender Teil
seiner Sammlung bleiben sollten (Abb. 4).47 Nach Böhms Tod im Jahr 1865 wurde die
43 R. Eitelberger von Edelberg, Die Kunstsammlung des Hrn. Direktors J. D. Böhm in Wien,
in : Oesterreichische Blätter für Literatur, Kunst, Geschichte, Geografie, Statistik und Naturkunde,
4, Oktober 1847, Wien 1847, S. 993–1034. Zwei Blätter in Form eines Manuskriptes zur Beschrei-
bung der Sammlung von Böhm werden als Teil von Eitelbergers Nachlass in der Wienbibliothek im
Rathaus (WBR) aufbewahrt. Vgl. WBR, H.I.NÂ
23.443.
44 Eitelberger, Josef Daniel Böhm (zit. Anm.Â
5), S.Â
190.
45 Vgl. 100Â
Jahre Kunstgeschichte an der Universität Graz. Mit einem Ausblick auf die Geschichte des
Faches an den deutschsprachigen österreichischen Universitäten bis in das Jahr 1938 (hg. von W.
Höflechner/G. Pochat), Graz 1992, S.Â
19.
46 Vgl. Schlosser, Die Wiener Schule der Kunstgeschichte (zit. Anm.Â
1), S.Â
2.
47 Die beiden BĂĽsten zeigen PhilibertÂ
II. von Savoyen und Margarete von Österreich, 1501–1504. Sie
befinden sich heute als Teil des »Waddesdon Bequests« im British Museum London. Ursprünglich
befanden sie sich in der Inventarliste der Prager Kunstkammer von Kaiser RudolfÂ
II. aus den Jahren
1607–1611. Vgl. Conrat Meit, Bildhauer der Renaissance, »desgleichen ich kein gesehen…« (Ausst.-
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia RĂĽdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien