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62 Andrea Mayr
die Nachahmung des Greifbaren hinaus hinter die Oberfläche des Kunstwerks schauen
zu mĂĽssen, das Entscheidende nicht in den Merkmalen zu sehen, die im Handbuch
zu lesen sind, sondern nach dem Wesen des Kunstwerks zu trachten, das sich nicht
kopieren läßt«61. Die Schönheit eines Kunstwerks betrachtete Böhm als eine rein sub-
jektive Qualität, da sie weder von jedem gleich empfunden, noch logisch festgestellt
werden könnte. Er versuchte zu vermitteln, dass man die individuelle Wahrnehmung
der Schönheit eines Kunstwerks unmittelbar zu ›fühlen‹ habe.62 Mittels einer möglichst
breiten Ansammlung von Objekten aller Kunstrichtungen sollten dem Betrachter das
Voranschreiten, aber auch die Epochen des Verfalls vor Augen gefĂĽhrt werden.
Anhand von Werken aus seiner Sammlung führte Böhm seine Vorstellungen aus und
erfreute sich rasch eines groĂźen kunsthistorisch interessierten Kreises (Abb. 6) : Als re-
gelmäßige Teilnehmer kamen der schon erwähnte Medailleur Carl Radnitzky und der
Maler Joseph Bucher (1820–1883).63 Des Weiteren zählten die aus Ungarn stammen-
den Kunstkenner Emerich (Imre) Henszlmann (1813–1888), Franz (Ferenc) Pulszky
(1814–1897) und Johann (Gábor) Fejérváry (1780–1851) sowie der auf Restaurierung
spezialisierte Custos der Gemäldegalerie im Belvedere (später ihr Direktor) Erasmus
Engerth (1796–1871) dazu.64 Zu dem Kreis können der Generalmajor, Kartograph und
einer der Erzieher von Kaiser Franz Joseph I. (ab 1843) sowie Sammler von topogra-
phischen Karten Franz Ritter von Hauslab (1798–1883), die Bildhauer Hans Gasser
(1817–1868) und später Viktor Tilgner (1844–1896), der Hofbeamte und Kunstsamm-
ler Philipp Freiherr Draexler von Carin (1794–1874), Graf Samuel von Festetics (1806–
1882), die Kunsthändler Georg Plach (1818–1885) und August Artaria (1807–1893)
gezählt werden. Auch der Leibarzt von Erzherzog Carl und Gemäldesammler Josef
Hoser (1770–1848), der Miniaturmaler Moritz M. Daffinger (1790–1849), der Por-
trätmaler Friedrich Amerling (1803–1887), der Lederhändler und Sammler von Kup-
ferstichen Franz Gawet (1765–1847) wie auch der Textilfabrikant und Kunstmäzen
Rudolf von Arthaber (1795–1867) gehörten dazu.65 Der Numismatiker Joseph Arneth
61 W. Krause, Die Plastik der Wiener Ringstraße. Von der Spätromantik bis zur Wende um 1900
(Die Wiener RingstraĂźe. Bild einer Epoche, Bd.Â
9, 3), Wien 1980, S.Â
30.
62 Henszlmann, Böhm (zit. Anm. 59), S. 112. Heinrich Wackenroders Programmschrift der ro-
mantischen Bewegung, die HerzergieĂźungen eines kunstliebenden Klosterbruders von 1797, dĂĽrfte
hier ebenfalls ein wesentliches Element darstellen. Vgl. U. Kultermann, Geschichte der Kunst-
geschichte. Der Weg einer Wissenschaft, UngekĂĽrzte Ausg., Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1981,
S.Â
146.
63 Vgl. ebenda, S.Â
200.
64 Vgl. ebenda, S.Â
200–203.
65 Vgl. ebenda, S. 192–199. Inwiefern dieser Kreis auch Einfluss auf Böhm und umgekehrt hatte,
konnte bisher erst in Ansätzen nachvollzogen werden (Briefwechsel mit Overbeck, Ellmaurer,
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia RĂĽdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien