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»Die grosse Einheit der Kunst« 83
nen Standpunkt zu bestimmen50 : »Die von O.Â
M. in seiner Archäologie ausgesprochene
Ansicht, womit der Verfaßer des Programmes wesentlich übereinstimmt«51. Dazu heißt
es in Müllers Handbuch :
Die gesammte Kunstthätigkeit, insofern sie von dem geistigen Leben und den Gewöhnungen
einer einzelnen Person abhängt, wird eine individuelle ; von dem einer Nation, eine nationale.
Sie wird durch Beides eben so in den Kunstideen als in der Formenwahl bestimmt, und nach
der Wandelbarkeit des Lebens von Individuen und Nationen in verschiedenen Zeiten und
Entwicklungsstufen auf verschiedene Weise bestimmt. Diese Bestimmung, welche die Kunst
dadurch erhält, nennen wir den Styl.52
Bemerkenswert an Müllers Darstellung ist, dass er – ähnlich wie Rumohr – trotz aller
national bedingten Relativierungen des Stilbegriffs diesen mit seiner ursprünglichen
Funktion eines überzeitlichen Qualitätsmerkmals in Einklang bringt : »Nur der hat
einen Styl, dessen Eigenthümlichkeit mächtig genug ist, seine ganze Kunstthätigkeit
durchgreifend zu bestimmen.«53 Eitelberger bringt diesen Aspekt mit dem von Buffon
stammenden Ausspruch »Le style c’est l’homme« sehr präzise auf den Punkt und be-
tont seinerseits, dass Stil als Synonym für den im Kunstwerk erfassbaren »Stämpel der
besonderen Individualität« aufzufassen sei.54 Die alles entscheidende Instanz bleibt die
50 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S. 103), Bl. 3r.–3v. Vermutlich verwendet er hier auch Nachschlagewerke wie I. Jeitteles, Ästhe-
tisches Lexikon, Wien 1834–37, II, S.Â
352–354. Vgl. dazu Schönwälder, Ideal und Charakter (zit.
Anm. 49), S. 86–88, sowie zusammenfassend H. Locher, Stil, in : Metzler Lexikon Kunstwissen-
schaft. Ideen, Methoden, Begriffe (hg. von U. Pfisterer), Stuttgart/Weimar 2003, S.Â
335–340.
51 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S.Â
104), Bl.Â
3v.
52 Müller, Handbuch der Archäologie der Kunst (zit. Anm.Â
29), S.Â
14.
53 Ebenda, S.Â
15.
54 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S. 104), Bl. 4r. Wie genau der hier theoretisch formulierte Künstlerbegriff mit seiner Betonung auf
einer »durchwaltenden« individuellen Leistung im Wiener Kunstdiskurs aufgenommen wird, zeigt
die polemische Auseinandersetzung um den Figurenschmuck des Schutzengelbrunnens vor der
Paulanerkirche in Wieden (1843–1846). Eitelberger bespricht diese Arbeit der Wiener Architekten
Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg im »Kunstblatt« der Wiener Sonntags-
blätter (R. Eitelberger von Edelberg, Der neue Brunnen vor der Paulanerkirche in der Vorstadt
Wieden, in : Kunstblatt. Beilage zu den Sonntagsblättern, XXI./Nr. 41, 11.10.1846, S. 981–984).
Der Ausgangspunkt des Streits sind die nach Entwürfen van der Nülls in Zink gegossenen vier
Drachen an der Basis des Brunnens : Dass der Bildhauer Johann Baptist Preleuthner diese nach
einem einzigen Modell ausgeführt hat, ist ganz offensichtlich auf die Kostenfrage zurückzuführen
und darauf verweist van der Nüll in seiner Entgegnung auf Eitelbergers Vorwurf, die Drachen seien
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien