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»Die grosse Einheit der Kunst« 85
Die erste Eigenschaft ist die Höchste, die er im Kunstwerk rücksichtlich ihrer Darstellung ge-
macht werden kann. Die höchste Lebendigkeit schließt die höchste Schönheit in sich ; ohne
erstere ist letztere nicht zu denken. Die Lebendigkeit ist eine Folge der ursprünglichen Le-
bendigkeit des Künstlers. Nur wo Leben ist, erzeugt sich Leben. Der Lebendigkeit steht das
sogenannte Styl mäßige Arbeiten entgegen.57
Es folgen auf einem separaten Blatt der Verweis auf eine Passage der Italienischen For-
schungen, in der Rumohr konventionelle Zeichen (Symbole und Allegorien) als nicht
genuin bildkünstlerisch abkanzelt,58 sowie einige Notizen zum Giotto-Kapitel, in dem
die »Lebendigkeit« der giottesken Malerei in den Arbeiten des Künstlers und ihre Wir-
kung auf den zeitgenössischen Betrachter untersucht werden.59 Die Wirkung von Ru-
mohrs kontrovers rezipierter Definition des Stils »als ein zur Gewohnheit gediehenes
sich Fügen in die inneren Fo[r]derungen des Stoffes« wird hingegen im zweiten Punkt
der von Eitelberger formulierten verbindlichen Darstellungsnormen deutlich60 :
§
47. Verständniß des Stoffes. Eine andere Ursache des Manierierten liegt in dem Nichtken[n]
en des Stoffes und seiner Gesetze. Jeder Stoff fordert seine bestim[m]te Behandl[un]g, seine
Technik.
§
48. Die Technik entsteht aus der Akkomodation des K[ün]stlers an den Stoff. Sie ist ein we-
sentlicher Theil der K[un]st. Beispiele von Verirrungen in der K[un]st durch Nichtbeacht[un]
g des Stoffes. Der barocke Charakter des modernen Bauen ohne Berücksichtigung der An-
forderungen des Materials.
§
49. Kurze [interlinearer Zusatz : Siehe Rumohrs Bem[er]k[un]g : S.
91.92.93] Charakteristik
einzelner Stoffe. Des Thones Erzes u[nd] Marmor ; des Holz u[nd] Steinbaues. Durchfüh-
rung des Unterschiedes in der griech[ischen] u[nd] mittelalterlichen Baukunst. Verhältniß
57 Ebenda.
58 Ebenda, S.
105, Bl.
G. Dazu Rumohr, Italienische Forschungen (zit. Anm.
23), I, S.
1–12, S.
45–47.
59 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S. 105), Bl. G–H. Dazu Rumohr, Italienische Forschungen (zit. Anm. 23), II, S. 39–75. Vgl. auch
Schönwälder, Ideal und Charakter (zit. Anm. 49), S. 101–108, S. 110 f.; R. Prange, Gegen die
›eigene Welt‹ der Kunst : zu Carl Friedrich von Rumohrs kunsthistorischer Restitution des klassi-
zistischen Ideals, in : Der Körper der Kunst : Konstruktionen der Totalität im Kunstdiskurs um 1800
(hg. von J. Grave/H. Locher/R. Wegner), Göttingen 2007, S.
183–218, hier S.
204–211.
60 Rumohr, Italienische Forschungen, I (zit. Anm.
23), S.
87.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien