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92 Alexander Auf der Heyde
Auffassung von Kunstgeschichte als genreübergreifende Denkmalskunde sehr klar zum
Ausdruck : »Das Verhältniß der K[ün]ste untereinander. Die große Einheit der Kunst
nachgewiesen an einzelnen Denkmälern […], in dem Parthenon u[nd] der Stefanskir-
che rücksichtl[ic]h der Plastik : Buchk[un]st, an der Markuskirche : in rücksichtl.[ich]
der Malerei u[nd] d[e]r Mosaiken.«83 Darüber hinaus legen die darauffolgenden Para-
graphen (»Die eine Kunst und die einzelnen Künste ; die höhere und niedere Kunst«84
sowie »W[e]lche K[un]st ist d.[ie] Erste ?«85) nahe, dass Eitelberger eine kritische Revi-
sion bestehender Genrehierarchien anstrebt und dass er das seit Winckelmann geltende
Modell eines parabelartigen Entwicklungsgangs der Kunst womöglich vor dem Hin-
tergrund von Kuglers Kontinuitätsprinzip als überholt ansieht.86 Er spricht in diesem
Zusammenhang von der »Unzulänglichkeit nach dieser Eintheil[un]g die ganze his-
torische Entwickl[un]g der K[un]st zu klassifizieren und verweist im Anschluss daran
auf die Wiedersprüche derjenigen, welche in Titius [wohl Tizian ?] oder Rafael den
Höhepunkt der Kunst erblicken«.87 Doch trotz aller Kritik an Winckelmanns klassi-
zistisch-normativem Modell der Kunstgeschichte, die einer ausführlichen Würdigung
vor allem des mittelalterlichen Kunstgewerbes im Wege steht, ist es keinesfalls so, dass
Eitelberger den Anspruch einer Verknüpfung von Geschichte und »Lehrgebäude« ver-
wirft. Das zeigt seine Besprechung von Kuglers 1856 erschienener Geschichte der Bau-
kunst : Der vom Autor umfassend belehrte Leser solle
– so Eitelberger
– durch Beiträge
desselben Autors »zu einer umfassenden Ästhetik der Architektur« angemessen ergänzt
werden, denn »[e]ine Geschichte der Kunst bedarf zu seiner [d. h. des Werks] Ergän-
zung einer Kunstlehre«.88
83 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S.
107), Bl.
4v.
84 Ebenda, S.
107, Bl.
K.
85 Ebenda, S.
107, Bl.
4v.
86 Vgl. dazu H. Karge, Projecting the future in German art historiography of the nineteenth cen-
tury : Franz Kugler, Karl Schnaase, and Gottfried Semper, in : Journal of Art Historiography, 9, 2013
(https://arthistoriography.files.wordpress.com/2013/12/karge.pdf [16.05.2018]).
87 Eitelberger, Programm der Vorlesungen »über Theorie der bildenden Künste« (zit. im Anhang,
S.
107), Bl.
K.
88 »Mit diesen Zeilen haben wir das trefflich ausgestattete Werk nicht empfehlen, sondern nur anzei-
gen wollen. Einer Empfehlung bedarf ein Schriftsteller wie Kugler nicht, dessen Werke Niemand
aus der Hand legt, ohne den Kreis seines Wissens wesentlich bereichert zu haben. Eine Geschichte
der Kunst bedarf zu seiner Ergänzung einer Kunstlehre. Kugler spricht die Hoffnung aus, dass es
ihm vergönnt sein werde, später Beiträge zu einer umfassenden Ästhetik der Architektur zu liefern.
Ein Wechsel von solcher Hand ausgestellt, wird vom kunstliebenden Publicum nicht bloss accep-
tiert, sondern auch präsentirt werden.« R. Eitelberger von Edelberg, Über Kuglers Geschichte
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien