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»Die grosse Einheit der Kunst« 97
dem abstrakten fernesein von allen praktischen Zwecken des äußern Lebens den Zwek
der Kunst setzen. Erstere Ansicht geht aus einer frivolen Lebensanschauung hervor,
letztere benimmt der Kunst alles Positive, macht ihren Gehalt bloß negativ und entfernt
sie von der Basis des Lebens.
<1 v.> §4. Die Kunst im Gegentheile, entspringt aus der Fülle des Lebens95, wie
die höchsten Ideen nur in derselben ihren genügenden Ausdruck finden, sie stößt
die Zweckmäßigkeit nicht zurück, sondern ist als das eigentlich Zweckmäßige, κατ’
ἔςοχγν96 als das durch und durch praktische umzusetzen.
– Völker, die gesund und prak-
tisch waren, wie die [--] Griechenlands, Aegyptens, Mittelalter, des deutsch wie ital.
haben die Kunst von den prakt. Lebenselementen (dem Handwerk) nicht so scharf ge-
schieden wie wir.
Anmerkung. Nur bei einer materiell. Weltsanschauung wie Rom erscheint sie als lu-
dus97 : bei vielen modernen Völkern nur als äußeres Spiel- und Prunkwerkh bei den tiefen
Völker und Menschenindividualitäten als wahres Bedürfniß. Hier entwikelt es sich auch vom
Anfange an. Wo dieß nicht stattfindet, ist auch von einer Menschenarbeit der Kunst nichts zu
erwarten98.
§5. Das Verhältniß der Kunst zum Handwerk. Vergangenheit und Gegenwart folgen
der Trennung und absoluten Geschiedenheit99.
95 [K. O. Müller, Die Mythologie des Japetischen Geschlechts oder der Sündenfall des Menschen
nach Griechischen Mythen, von Dr. K.
H.
W. Völker. Gießen 1824, in : Karl Otfried Müller’s kleine
deutsche Schriften über Religion, Kunst, Sprache und Literatur, Leben und Geschichte des Al-
terthums (hg. von E. Müller), 2 Bde., Breslau 1848, II, S. 36–42 (das Buch war in der Bibliothek
Eitelbergers vorhanden)].
96 [κατά (cata) + ἐξοχήν (exochēn) = eminent. Müller, Geschichte der Theorie der Kunst bei den
Alten (zit. Anm.
30), II, S.
VI].
97 Gestrichen : »Vide O. Müller Arch. §.« [Müller, Handbuch der Archäologie der Kunst (zit.
Anm.
29), S.
1].
98 Dazu auf Zusatzblatt <A> : »§4. Anm : Cicero de oratore. Nützlichkts[--]und
die Stelle bei Schnaase. II. p. 69 [--]«. [C. Schnaase, Geschichte der bil-
denden Künste, II : Griechen und Römer, Düsseldorf 1843, S.
69 f. (das Buch war in der Bibliothek
Eitelbergers vorhanden)].
99 Dazu auf Zusatzblatt <B> : »Ein Gebäude ist nicht fertig, wenn der Plan ent-
worfen und der Grund gelegt ist. Auch der Baumeister allein bringt
es nicht zu Ende, ihm müssen Handwerker aller Art beistehen, und
jeder von diesem muß mit dem redlichsten Wollen das Beste leisten,
was er kann. Nur so wird ein Gebäude gut u wohlich. Jedem einzelnen
muß das Ganze und den Zweck des Ganzen berücksichtigen, seine Kunst
nicht mit unnöthigen Nebenbeschäftigungen zersplittern«.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien