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122 Regine Prange unter Mitwirkung von Gerd Prange
»Ausdrücke einer halbvergangenen Periode.« Politische Bruchlinien in Eitelbergers
Kunstauffassung
Der »umtriebige Kulturideologe«39 Eitelberger lässt sich als Schlüsselfigur der frühen
Kunstwissenschaft vor allem in den Bruchlinien seiner konzeptuellen Orientierung
fassen. In ihnen zeichnen sich die gesellschaftlichen Erfordernisse ab, denen der As-
pirant auf eine Professur für Kunstgeschichte durch seine ideologische Anpassung zu
entsprechen sucht. Zu erinnern ist zunächst an seine offenbar noch den fortschrittlichen
philosophischen Richtungen seiner Zeit verpflichtete Einstellung vor der gescheiterten
Revolution von 1848.
In seinem Vorwort von 1879 zu dem im gleichen Jahr erschienenen zweiten Band
seiner gesammelten kunsthistorischen Schriften erwähnt Eitelberger selbst, dass er in
den Jahren vor 1848 für Interessierte privatim Vorlesungen über die Hegel’sche Phi-
losophie gehalten habe,40 eine erstaunliche, leider bislang nicht materiell fassbare In-
formation, denn in seinen Vorlesungsnotizen entscheidet sich Eitelberger bereits für
den romantischen Begriff der an die »individuelle Empfindung« gebundenen Weltan-
schauung, die er gegen Hegels »unverständliche« Konstruktion des Symbolischen, Klas-
sischen und Romantischen ins Feld führt.41 Bezogen auf den in diesem Band abge-
druckten Report einer Streitschrift von 1847/48 Über den Unterricht an Kunstakademien
entschuldigt sich Eitelberger nunmehr, 1879, für die »philosophischen Redewendungen
und Ausdrücke einer halbvergangenen Periode«.42
Divergierende philosophische Standortbestimmungen Eitelbergers hat bereits Taras
von Borodajkewycz festgehalten, und zwar in einer 1962 erschienenen Festschrift für
Hans Sedlmayr, der, selbst Ordinarius für Kunstgeschichte in Wien, dieses Amtes 1945
wegen seines Engagements für den Nationalsozialismus enthoben worden war.43 Be-
merkenswert ist der in jenem Aufsatz nachgezeichnete Wandel Eitelbergers von einem
39 Werner Telesko im Ankündigungstext seines Vortrags zur Eitelberger Tagung.
40 R. Eitelberger von Edelberg, Vorwort zu : Oesterreichische Kunst-Institute und kunstgewerb-
liche Zeitfragen (Gesammelte kunsthistorische Schriften von Rudolf Eitelberger von Edelberg, II),
Wien 1879, S.
V–IX, hier S.
V.
41 Eitelberger, Vorlesungen (zit. Anm.
7), §
13–15.
42 Eitelberger, Vorwort (zit. Anm. 38), VI. Es handelt sich um eine Stellungnahme gegen Ferdi-
nand Waldmüllers Vorschläge zur Erneuerung des Akademieunterrichts im Sinne eines antiaka-
demischen Naturalismus : Über den Unterricht an Kunst-Akademien (Eine Streitschrift aus den
Jahren 1847 und 1848) ; ebenda, S.
20–52.
43 T. von Borodajkewycz, Aus der Frühzeit der Wiener Schule der Kunstgeschichte. Rudolf Eitel-
berger und Leo Thun, in : Festschrift für Hans Sedlmayr (hg. von K. Oettinger/M. Rassem),
München 1962, S. 321–348. Borodajkewycz war ebenfalls Mitglied der NSDAP und vertrat auch
nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu seiner Zwangsemeritierung faschistische Ansichten.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien