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134 Regine Prange unter Mitwirkung von Gerd Prange
Eitelberger findet es »oft komisch«77, wenn für oder gegen einen Stil hitzig Partei ge-
nommen wird, und empfiehlt stattdessen die liberale Duldung der individuellen künst-
lerischen Entscheidung, auch wenn sie dem Stil der deutschen Renaissance gilt, der er,
wie er doch hinzufügen muss, keine Zukunft gibt.
Eitelbergers Entwürfe zu einer Reform des Unterrichtswesens
Dieselbe Rückführung auf das bereits Gegebene, sei dieses staatlich oder durch den
Künstler selbst gesetzt, verwirklichte sich auch in den Vorschlägen Eitelbergers zur Re-
form des Unterrichtswesens. Es mag ja auf den ersten Blick verwundern, dass Kunst
und Handwerk zusammengeführt werden in der Theorie, in der Praxis dann aber strikt
getrennt bleiben sollen. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich dies als konsequent,
denn das Ausbildungssystem, welches Eitelberger propagiert, zeigt sich als ein System
nahtlos ineinandergreifender Hierarchien. Es besitzt keine eigenen Inhalte, orientiert
sich an keiner Stelle etwa an Bedürfnissen der Auszubildenden ; vielmehr ist es nur ei-
nem Ziel bedingungslos untergeordnet, mit größter Anstrengung und Sammlung aller
Kräfte die österreichische Kunstindustrie auf dem Weltmarkt durchzusetzen, was Eitel-
berger nicht müde wird, zu wiederholen.
An den Kunstakademien entwickelt sich diesem Entwurf zufolge das Repertoire alter,
vielleicht auch neuer Formen im Reinzustand. Es wird weitergeleitet in das nachgeord-
nete System der Kunstgewerbeschulen, der Fachschulen usw., die es den jeweiligen Ge-
gebenheiten, den Materialien, den zur Verfügung stehenden Techniken und dergleichen,
anpassen. Am Ende der Kette als letztes Glied steht die Volksschule, vorzugsweise die
des ländlichen Raums, um deren Reform sich Eitelberger besonders bemüht, mit sei-
nen Vorschlägen bei der Ministerialbürokratie aber mehrfach scheitert. Hier soll gegen
die Fabrikarbeit die bedrohte Hausindustrie reaktiviert werden, also handwerkliche und
handarbeitliche Tätigkeiten in der Familie, deren Produkte an große Handelsfirmen
weitergegeben werden. Zu diesem Behufe soll nach Eitelbergers Auffassung der Unter-
richt auf den Erwerb der entsprechenden Fertigkeiten konzentriert und auch die sei-
ner Auffassung nach zu rigide Schulpflicht von acht Jahren verkürzt werden, damit mit
dem Erwerb der nötigen Ausbildung sogleich der Eintritt in die Produktion ermöglicht
wird
(!).
Alles, was der ökonomischen Effektivität entgegensteht, beklagt Eitelberger – die
Zustände zu den Zeiten Metternichs, die den nationalökonomischen Rückstand Ös-
terreichs verursacht hätten, ebenso wie die Liberalität der gegenwärtigen Monarchie,
77 Eitelberger, Friedrich Schmidt (zit. Anm.
76), S.
398.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien