Page - 221 - in Rudolf Eitelberger von Edelberg - Netzwerker der Kunstwelt
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Rudolf von Eitelberger und die Wiener Bildhauerschule 221
wichtigen Wiener Bildhauern stand und in seiner Funktion als Rat des Ministers für
Kultus und Unterricht eine wichtige Steuerungs- und Vermittlerrolle hatte.
Im Folgenden werde ich zuerst Eitelbergers Vortrag, der ja der Ausgangspunkt mei-
ner Untersuchung ist, etwas ausführlicher vorstellen und der Frage nachgehen, warum
der Autor sich so intensiv um die Bildhauerei bemüht und welche Themen er ver-
schweigt beziehungsweise nicht für Wert erachtet, vor dem interessierten Publikum zu
erörtern. Im zweiten, sehr viel kürzeren Teil werde ich Eitelbergers persönliche Ver-
flechtungen mit der Wiener Bildhauerschule aufzeigen.
»Die Plastik Wien’s in diesem Jahrhundert«
In klassischer kunsthistorischer Manier knüpft Eitelberger in seinem Vortrag an die
Bildhauerei der Barockzeit an und nennt einige Hauptwerke des 17. und 18. Jahrhun-
derts, wie die Mariensäule am Hof, die Dreifaltigkeitssäule am Graben, den Vermählungs-
brunnen am Hohen Markt, die Reliefs an den Säulen der Karlskirche, Raphael Donners
Mehlmarktbrunnen und einige mehr (Abb.
1). Eine beschreibende Analyse dieser Werke,
mit deren Hilfe die Qualitäten und spezifischen Eigenheiten der Barockkunst hätten
dargelegt werden können, unterbleibt. Stattdessen werden der Wandel zur »modern-
antiken Weltanschauung« und der »Verfall der Barockkunst« festgestellt und der Fokus
sogleich auf die Künstlerschaft und deren Karrieremöglichkeiten gerichtet :
Mit dem Verfall der Barockkunst verfiel auch die grosse Zahl der Praktiker und Routinis-
ten, die in den Palästen und Gartenanlagen der Grossen und in den prunkvollen Kirchen
Beschäftigung fanden, während durch das Studium der antiken Kunst in den akademischen
Kreisen die Plastik neue Gesichtspunkte gewann und sich dadurch ein Gegensatz zwischen
dem handwerklich routinierten Künstler und dem akademisch geschulten bildete, den man
früher nicht kannte, ein Gegensatz, der bis auf den heutigen Tag nicht ganz verschwunden ist.5
Ganz wesentlich habe die infolge der Französischen Revolution und der Napoleoni-
schen Kriege einsetzende Unsicherheit aller staatlichen und gesellschaftlichen Verhält-
nisse zum Niedergang der Kunst und insbesondere der Plastik geführt.
Laut Eitelberger ragen nur zwei Werke aus dieser Zeit heraus : Antonio Canovas
Grabmal für die Erzherzogin Marie Christine in der Augustinerkirche von 1805 und das
Reiterdenkmal für Kaiser Joseph II. von Franz Anton Zauner (1746–1822), das 1807 ent-
hüllt wurde (Abb. 2). Zauners Reiterstandbild wird von Eitelberger schonungslos zer-
5 Eitelberger, Plastik Wiens (zit. Anm.
1), S.
4.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien