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Rudolf von Eitelberger und die Wiener Bildhauerschule 227
nur in ihren Grundlagen gelehrt wurde, dass Ateliers nicht zur VerfĂĽgung standen und
die (wenigen) talentierten Zöglinge in andere Kunstzentren geschickt wurden. Ein Teil
ging nach Rom und wurde dort – wie schon erläutert – mehr oder weniger sich selbst
ĂĽberlassen, der andere Teil ging nach Dresden, wo er in den wohleingerichteten Staats-
ateliers der Professoren Hähnel und Schilling zu eigenständigen Bildhauern ausgebildet
wurde. Genannt werden in diesem Zusammenhang die drei in Wien tätigen, herausra-
genden Bildhauer Carl Kundmann (1838–1919), Johannes Benk (1844–1914) und Josef
Tautenhayn d.Â
Ä. (1837–1911).
Nach der jĂĽngsten Reform und Neustrukturierung der Akademie der KĂĽnste, an
der Eitelberger wiederum maĂźgeblich beteiligt war, brauche man den Wettbewerb mit
den Akademien in MĂĽnchen, Berlin und Dresden nicht zu scheuen. Die Akademie sei
insgesamt gut aufgestellt und im Bereich der Bildhauerei »wirken zwei hervorragende
KĂĽnstler, Kundmann und Zumbusch, die sich nach ihren Kunstrichtungen glĂĽcklich er-
gänzen«.20 Endlich besitze die Akademie auch Bildhauerateliers und mit der Berufung
eines Anatomen sowie der Aufstellung des Museums für Gipsabgüsse seien »die Wege
fĂĽr die Zukunft geebnet, soweit dies eben durch Akademien und Schulen geschehen
kann«.21
Wichtig fĂĽr die gĂĽnstige Entwicklung der Wiener Bildhauerei sei aber auch der
Wandel in der Gesellschaft seit der Revolution von 1848. Eitelberger verwendet in die-
sem Zusammenhang den Begriff Bewegungsjahre, in denen Erinnerungen an längst ver-
gessene Ereignisse wieder lebendig wurden. »Die moderne Gesellschaft hat das Bedürf-
nis, ihren Heroen Gedächtnisstätten zu errichten ; sie kann der Denkmalssprache nicht
entbehren.«22 Der Kaiser, »als ächtes Kind seiner Zeit«, trat an die Spitze der Bewegung
und gab den Auftrag zu dem ersten hervorragenden Denkmal, »welches auf diesem
historischen Gedankenprocess beruht« : der kolossalen Reiterfigur des Erzherzogs Karl
(Abb.Â
5).
Typisch fĂĽr Eitelbergers Vortrag ist, dass nun nicht die Auseinandersetzung mit dem
Kunstwerk erfolgt, sondern wiederum die Darlegung der Rahmenbedingungen fĂĽr die
Kunst. In diesem Fall ist es die Technik des Bronzegusses, die Anton Fernkorn (1813–
1878) aus MĂĽnchen nach Wien mitbrachte und daraufhin mit dem Aufbau der k. k.
ErzgieĂźerei beauftragt wurde. Letztlich handele es sich auch hierbei um ein lobenswer-
tes Werk des Kaisers, »ihm allein verdankt Wien die Erzgießerei und die monumentale
Plastik bis auf den heutigen Tag«.23 Im weiteren Verlauf erörtert Eitelberger dann die
20 Ebenda, S.Â
16.
21 Ebenda.
22 Ebenda.
23 Ebenda, S.Â
17.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia RĂĽdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien