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Denkmalkunde 241
amtierte zehn Jahre und zog sich 1863 in sein Amt als Leiter der statistischen Zentral-
kommission zurück, das er seit 1862 zusätzlich bekleidete, um jetzt Joseph Alexander
von Helfert Platz zu machen, der 1860/61 interimistischer Unterrichtsminister gewesen
war und fĂĽr den eine neue Aufgabe gesucht wurde. Die Kommission war unter Czoer-
nig zunächst im Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Bauten geführt
worden, in dem dieser auch tätig war, 1859 wurde sie jedoch dem Ministerium für Kul-
tus und Unterricht unterstellt. Helfert sollte diesen Posten bis 1910, also erstaunliche
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Jahre lang, bekleiden.
Dass die Leitung einer solchen staatlichen Einrichtung zunächst bei einem moder-
nen Statistiker, der Czoernig in erster Linie war, gelandet war, und nicht etwa bei einem
Baubeamten, was im Ressort der öffentlichen Bauten ja durchaus plausibel gewesen
wäre, liegt einerseits am persönlichen administrativen Geschick Czoernigs beim Aufbau
und der Leitung staatlicher Einrichtungen. Andererseits aber dĂĽrfte die Beauftragung
Czoernigs auch das Grundverständnis ausdrücken, das man der neuen Behörde zumaß,
hatte doch die französische Bezeichnung des Denkmalinventars als Statistique monu-
mentale die Runde gemacht. Arcisse de Caumont hatte den Begriff und sein Konzept
um 1828 aufgebracht und propagiert, im französischen Unterrichtsministerium wurde
er 1835 in einem Bericht von François Guizot erstmals verwendet. Zwei Jahre später
war eine erste Musterstatistik beauftragt und von Ernest-Louis-Hippolyte-Théodore
Grille de Beuzelin angefertigt worden und wurde in Europa durch die Behörden ge-
reicht.3 In Wien wiederum wurde der Begriff der »Statistik« bereits 1833 in dem Melly
und seinen Freunden zugeschriebenen Brief ĂĽbernommen, auĂźerhalb Frankreichs eine
durchaus frĂĽhe Verwendung :
Von den österreichischen Denkmälern kann behauptet werden, daß nicht der hundertste Teil
der bedeutenderen herausgegeben, viel weniger nach den jetzigen Anforderungen der wissen-
schaftlichen und kĂĽnstlerischen Darstellung bekannt gemacht wurde. Man hat keine Statistik,
keine Übersicht, keine Gesamtherausgabe der österreichischen Denkmäler […] Hauptaufgabe
[…] wäre somit, eine Statistik in Angriff zu nehmen und die bedeutendsten […] Denkmale in
einer wissenschaftlichen und künstlerisch würdigen […] Weise bekannt zu machen.4
3 Vgl. M. Noell, Die Erfindung des Denkmalinventars. Denkmalstatistik in Frankreich und
Deutschland zwischen 1789 und 1910, in : Kunst und Architektur in der Schweiz, 59, 2008, H. 1,
S.Â
19–26 ; E.Â
L.Â
H.Â
T. Grille de Beuzelin, Statistique monumentale. Spécimen. Rapport à M. le
ministre de l’Instruction publique sur les monuments historiques des arrondissements de Nancy et
de Toul (Département de la Meurthe), 2 Bde., Paris 1837. Auch in der Österreichischen National-
bibliothek befindet sich, wie in zahlreichen weiteren staatlichen Bibliotheken, ein Exemplar.
4 Zitat des Briefs mit Auslassungen in : Frodl, Idee und Verwirklichung (zit. Anm. 1), S. 51 f. Vgl.
auch A. Lehne, Entstehung und Entwicklung der Ă–sterreichischen Kunsttopographie, in : Kunst
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia RĂĽdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien