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Hier zeigt sich erneut Eitelbergers Unbehagen an den aktuellen Ergebnissen der künst-
lerischen Wende um 1800. Die Kritik an Künstlern, die berühmt waren, ohne die Tech-
nik zu beherrschen, dürfte sich vor allem gegen Peter Cornelius richten, der in dieser
Zeit ja auch sonst vielfach in der Kritik der Romantikgegner stand.27 Konsequenter-
weise lehnt Eitelberger das Modell eines bewusst initiierten Kunstaufschwungs ab, wie
es unter Ludwig I. von Bayern verfolgt und in den 1840er Jahren auch von anderen
Kritikern in Frage gestellt wurde.28 In seiner Rezension zur Wiener Ausstellung von
1847 schreibt er :
Ich will hiermit nicht jener Modekrankheit das Wort reden, die es liebt, monumentale Werke
aufzuführen, ohne den Sinn und die Bedeutung derselben durch historische Thaten gerecht-
fertigt zu haben ; ich will der Richtung nicht das Wort reden, die eine große Kunstepoche mit
Absicht erreichen will, die den Faden der Entwiklung in den Händen zu fassen glaubt, und
meint, an großen Entwürfen werde sich das Genie von selbst entzünden ; kurz, ich will der
Kunst nicht das Wort reden, wodurch keine wirklichen Bedürfnisse erfüllt werden. Denn die
Kunst eines Volkes soll keiner Treibhauspflanze gleichen, sondern einem mächtigen Wald-
baume dessen kräftigen Aesten und gesundem Wachsthume man es ansieht, daß er dem Bo-
den angehört, in dem er wurzelt.29
Die Wachstumsmetapher bietet nochmals ein Beispiel für die vitalistische Sprache Ei-
telbergers. Von großer Bedeutung ist seine Forderung, dass Kunst mit einem wirklich
bestehenden Bedürfnis in Verbindung gebracht werde. Dies führt zu einem ersten As-
pekt, in dem sich eine eigenständige Position Eitelbergers feststellen lässt.
Die Flexibilisierung des Verhältnisses von Geschichte und Kunst
Die Erneuerung der Künste im ausgehenden 18.
Jahrhundert sowie die Etablierung der
Kunstgeschichte als wissenschaftlicher Disziplin sind nicht zuletzt mit einem neuen
Denken in übergreifenden geographischen, klimatischen und gesellschaftlichen Zusam-
27 Vgl. u. a. F. Büttner, Unzeitgemäße Größe. Die Fresken von Peter Cornelius in der Münchner
Ludwigskirche und die zeitgenössische Kritik, in : Das Münster, 16, 1993, S. 293–304 ; ders., Die
»Münchner Malerschule« in der zeitgenössischen Kunstkritik 1825–1848, in : König Ludwig
I. von
Bayern und Leo von Klenze. Symposion aus Anlaß des 75.
Geburtstags von Hubert Glaser (hg. von
F. Dunkel/H.-M. Körner/H. Putz), München 2006, S. 221–226 ; Scholl, Revisionen der Ro-
mantik (zit. Anm.
1), S.
207–211.
28 Vgl. Scholl, Revisionen der Romantik (zit. Anm.
1), S.
264–279.
29 Eitelberger, Wiener Kunstausstellung 1847 (zit. Anm.
26), S.
56 f.
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien