Page - 266 - in Rudolf Eitelberger von Edelberg - Netzwerker der Kunstwelt
Image of the Page - 266 -
Text of the Page - 266 -
266 Christian Scholl
habe. Andererseits konnte eine bewegende Historienmalerei gerade gefordert werden,
um eine solche Wende zu forcieren. Der Junghegelianer Arnold Ruge kritisiert dem-
entsprechend in einer Rezension der Kunstausstellung in Halle an der Saale von 1838
die Pflege niederer Gattungen, welche die Menschen nicht zu mobilisieren vermögen :
Das Schwelgen in der stummen, eintönigen Natur und die reintechnischen Kleinigkeiten soll-
ten aufhören das Hauptinteresse unseres Kunstvereins zu sein, und ich will den Wunsch nicht
unterdrücken, daß wir den Magdeburgern und Halberstädtern nacheifern und irgend ein his-
torisches Bild, bei Lessing z. B. die Ausführung seines Huß vor dem Concil, […] bestellen
möchten. […] Die Viehwirthschaft, die Kernerwagen, der Baumschlag, die Fruchtstücke und
gar die Architektur sind auf die Länge nichts als die Langeweile und die permantenterklärte
Geistlosigkeit, die nur gelten können als Zugabe zu dem wahren Mittelpunkte der Kunst, den
historischen Bildern, die aber durch Bestellung der Kunstvereine zu excitiren sind.37
Eitelberger fordert demgegenüber eine Kunst, die auf die Rezipientenbedürfnisse abge-
stimmt bleibt. So schreibt er in seiner Rezension von 1847 :
Unsere Verhältnisse, und diesen gemäß unsere Bedürfnisse, bewegen sich innerhalb des Hau-
ses und der Familie. Das öffentliche Leben ist uns noch ein Aeußerliches ; es ist noch nicht
wir selbst. Das Vorherrschen der Landschaft, des Genrebildes, des Porträtes und Stilllebens
auf unseren Ausstellungen ist daher begreiflich, der Mangel von historischen Bildern, welche
diesen unseren Verhältnissen anpassen, ein Zeichen, daß unsere Historienmaler diese Verhält-
nisse nicht begreifen, oder die Bedürfnisse nicht entsprechend erfüllen.38
Gewiss schätzt auch Eitelberger in zeittypischer Weise die Historienmalerei am höchs-
ten ein. Bemerkenswert bleibt aber sein Gedanke, dass in der Vergangenheit gute His-
torienmaler zumeist auch gute Porträtmaler gewesen seien.39 Der Kunstkritiker ver-
pflichtet die Historienmaler mithin zu genauer Beobachtung und zur Befähigung, In-
dividuelles zu erfassen.
37 A. Ruge, Die diesjährige hallische Kunstausstellung, in : Hallische Jahrbücher für deutsche Wissen-
schaft und Kunst, 1, 1838, Sp.
1398.
38 Eitelberger, Wiener Kunstausstellung 1847 (zit. Anm.
26), S.
56.
39 Vgl. Eitelberger, Wiener Kunstausstellung 1844 (zit. Anm.
7), S.
253 : »Daher kommt es, daß zu
den Zeiten der vollendeten Kunst die großen Historienmaler auch die größten Porträtmaler waren ;
das erstere ist nie ohne das zweite. Sollte ich ein Beispiel statt vieler anführen, so nenne ich Rubens,
nach meiner Ansicht der größte unübertroffene Künstler im historischen Fache.«
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Rudolf Eitelberger von Edelberg
Netzwerker der Kunstwelt
- Title
- Rudolf Eitelberger von Edelberg
- Subtitle
- Netzwerker der Kunstwelt
- Authors
- Julia Rüdiger
- Eva Kernbauer
- Kathrin Pokorny-Nagel
- Raphael Rosenberg
- Patrick Werkner
- Tanja Jenni
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20925-6
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 562
- Category
- Biographien