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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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Einleitung 19 zierung des allgemeinen Publikums der Hofsammlungen auch auf die soziale Struktur der Bevölkerung in Wien umlegen lässt. Dass trotz der Widerstände, die vonseiten der Sammlungsdirektoren den Öffnungsprozessen für alle sozialen Schichten (auch für die „geringen Leuthe“) entgegengebracht wurden, der uneingeschränkte Zugang weiter- hin bestehen blieb, lässt vermuten, dass für den Wiener Hof andere Motive für die Repräsentation von Sammlungen ausschlaggebend waren als jene der Sammlungs- direktorien. Als ebenso aufschlussreich in diesem Kontext erweist sich die Verwendung des Begriffs „Publikum“: Während in den Galerieakten der Hofbehörden kaum vom „Publikum“ gesprochen wurde, kommt der Terminus in den privat herausgegebenen Publikationen zu den Sammlungen (in Katalogen, Stadtführern, Zeitungen und Zeit- schriften) ab den frühen 1770er-Jahren vor. Auf die erwähnte zeit liche Abfolge von Gnade, Vergünstigung und Recht umgelegt, kommt Debora J. Meijers zu dem Schluss, dass überhaupt erst ab dem Zeitpunkt vom (Museums-)Publikum gesprochen wird und werden kann, ab dem der Zugang nicht mehr als Gnade gewährt wurde, sondern als Vergünstigung durch den Hof. Zu einer Zugänglichkeit von Sammlungen als (juri- dischem) Recht des Publikums, wie es die französische Verfassung nach der Revolu- tion ab 1793 für die nunmehr verstaatlichten Museen garantierte, kam es in Österreich erst mit dem Ende der Monarchie 1918. Der Sammelband schließt mit einer Studie von Eva Kernbauer zu einem Gemälde, das die angesprochenen Episteme noch einmal aufnimmt und gleichsam ver(sinn)bild- licht: der Aktsaal der Wiener Akademie im Sankt Anna Gebäude von Martin Ferdinand Quadal aus dem Jahr 1787. Das Gemälde zeigt eine Gruppe von Professoren und Schülern der Akademie in Ausübung ihrer Kunst. Es sind die einzelnen Porträts der Akademiker „nach der Natur“ dargestellt; die Gruppenkomposition spiegelt aber vor allem ein Ideal des wissenschaftlich arbeitenden Künstlers wider. Die dargestellten Requisiten ermög lichen das Zeichnen, Malen und Modellieren, das Augenmerk liegt jedoch – angeleitet durch (künst liche) Lichtquellen – auf dem empirisch genauen Sehen der Künstler, auf ihrem wissenschaftlich analytischen Blick. Deutlich wird, dass die gemeinschaftlich agierende Gruppe nicht nur zusammengefunden hatte, um ihre Kunst auszuüben, sondern um – in deut licher Bezugnahme auf zeitgenössische wissenschaft liche Darstellungen – den Fortschritt der Kunst zu befördern. So liegt der Fokus in dem Gemälde nicht nur in dem, was, sondern in dem wie und letztlich in dem wozu wahrgenommen wird, also in den Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozessen selbst. Das künstlerische Interesse richtet sich auf die „cognitio sensitiva“20 im Ver- ständnis von Baumgarten, in dem Schönheit und Wissenschaft eine Einheit bilden. Quadal macht damit eigentlich das Denken der Künstler sichtbar und präsentiert den Aktsaal als ein Modell der neuen Konfiguration von Kunst und Ästhetik in der Spät- aufklärung, die in den „Schönen Wissenschaften“ ihre Begrifflichkeit gefunden hat. In dieser Publikation geht es um programmatische Sammlungs- und Ordnungs- projekte in Wien im späten 18. Jahrhundert, die nicht nur in ihrer unmittelbaren 20 Baumgarten 1750–1758 (Mirbach 2007), §  1.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Title
Schöne Wissenschaften
Subtitle
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Author
Nora Fischer
Editor
Anna Mader-Kratky
Publisher
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Size
20.9 x 29.3 cm
Pages
306
Category
Kunst und Kultur
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