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28 Elisabeth Hassmann
den in mehr erwehntem Kabinet befind lichen Stücken ausführ liche Erklärung verlan-
gen, so können sich selbe wie bishero bey dem Director um Bestimmung eines Tages
melden“.22
1773 wurden auch für das Münzkabinett und das Physikalische Kabinett fixe
Besuchszeiten eingeführt, und zwar täglich außer Montag.23 In der Bildergalerie
wurden 1777, erst nach der Übertragung der Galerie in das Belvedere 1775/1776,
Montag, Mittwoch und Freitag „auf allerhöchsten Befehl“ zur allgemeinen Besichti-
gung festgesetzt.24 In der Schatzkammer war stets eine vorherige Anmeldung erforder-
lich. Den Sammlungsangestellten war untersagt, von den Besuchern Trinkgelder oder
Geschenke anzunehmen. Dies wurde offenbar nicht strikt befolgt, denn 1781 sah sich
Joseph II. veranlasst, das Annahmeverbot zu wiederholen, da er eine „dergleichen
herab sezende Unanständigkeit bey allerhöchst dero Hof Staat bey Verlust des Dienstes
ernstlich abgestelt wissen“ wollte.25
Anfäng
liche Probleme bei der Inventarisierung und Katalogisierung
Eine wissenschaft
liche bzw. „literarische“ Tätigkeit lässt sich innerhalb der Hof-
sammlungen nach Gustav Heraeus, Medailleninspektor und Hofantiquarius unter
Kaiser Karl VI., zunächst nicht belegen. Der 1755 gedruckte Katalog zu den antiken
Münzen mit dem Titel Numismata Cimelii Caesarei wurde im Wesent lichen von dem
sammlungsfremden Jesuiten Erasmus Froelich, Mathematiker und Betreuer der
Granellischen Münzsammlung in der Theresianischen Akademie (Theresianum) in
Wien, verfasst, da das habsburgische Münzkabinett damals keinen eigenen Betreuer
hatte. Die anonym erschienenen, von Duval und seinem Assistenten Johann Verot
erstellten Kataloge zu den Monnoies en Or (1759, 1769) und Monnoies en Argent
(1756, 1769, 1770) beinhalten fast nur Abbildungen und kamen nie in den Handel.26
Bezeichnend ist, dass zunächst zwischen Inventar und beschreibendem Katalog
nicht klar unterschieden wurde. So benannte Marcy 1766 die zwölf Teile des summa-
rischen Münzverzeichnisses als „catalogues raissonnés“27, hingegen wurde 1775 der in
Arbeit befind liche Katalog für das Naturalienkabinett als „Inventaire resonée“
bezeichnet (siehe unten). Das Inventar der Münzen ist, ebenso wie der Katalog des
Naturalienkabinetts, nicht überliefert. Doch lässt sich anhand der Akten anschaulich
dokumentieren, mit welchen Problemen der Naturalienkabinettsdirektor Ludwig von
Baillou bei dieser für ihn neuen Aufgabe der Inventarisierung bzw. Katalogisierung
konfrontiert war (Abb. 5).
22 Fuhrmann 1770, 589.
23 Almanach 1773, 44; vgl. auch die Übersicht bei Hassmann 2015, Nr. 20.
24 Indexeintragung vom April 1777; ebenda, Nr.
70.
25 Oberstkämmereramtsintimate an alle k. k. Sammlungen vom 14. Oktober und 19. November 1781;
ebenda, Nr. 218, 227. Zum Trinkgeld vgl. Savoy 2006, 20–21.
26 Lhotsky 1941–1945, 425 mit detaillierter Übersicht; Hassmann / Winter 2016, Abb. 39.
27 Ebenda, 60.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Title
- Schöne Wissenschaften
- Subtitle
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Author
- Nora Fischer
- Editor
- Anna Mader-Kratky
- Publisher
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Size
- 20.9 x 29.3 cm
- Pages
- 306
- Category
- Kunst und Kultur