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34 Elisabeth Hassmann
chronologische Ordnung, allgemein als Eckhel’sches System bezeichnet, das die antike
Numismatik in den Rang einer Wissenschaftsdisziplin erhob. Auf Wunsch Kaiser
Josephs II., wie Joseph Bergmann vermerkt, verfasste Eckhel ein Lehrbuch in deut-
scher Sprache, das in erster Auflage 1786 oder 1787 unter dem Titel Kurzgefaßte
Anfangsgründe zur alten Numismatik erschien und in mehrere Sprachen übersetzt
wurde.56 Dieses Werk, kurz „der kleine Eckhel“ genannt, diente auch seinen Nachfol-
gern als Grundlage für die Vorlesungen an der Universität Wien.57 Nach jahrelangen
Vorarbeiten kam schließlich Eckhels berühmtes achtbändiges Hauptwerk, die Doctrina
numorum veterum, zwischen 1792 und 1798 heraus, worin er weit über den Rahmen
des kaiser lichen Münzkabinetts hinausging. Die erhaltene Fachkorrespondenz Eckhels
zeugt von seinem europaweiten wissenschaft lichen Austausch.58 Dennoch wollte
Eckhel nie seine Arbeit im Münzkabinett zugunsten jener an der Universität auf-
geben.59 Er legte sogar die ihm 1789 verliehene Dekanswürde an der philosophischen
Fakultät der Universität zurück,60 wohl um genügend Zeit für seine wissenschaft lichen
Arbeiten im Kabinett zu finden.
Geplante Neubearbeitung des Katalogs zu den modernen Münzen und Medaillen
Im modernen Münzkabinett, wie das ehemalige franziszeische Münzkabinett61 nach
Ernennung Eckhels ab 1774 genannt wurde, versuchte Oberstkämmerer Rosenberg,
ähnlich wie beim Naturalienkabinett, mithilfe eines externen Spezialisten eine Neu-
bearbeitung des Kataloges zustande zu bringen. Ursprünglich beabsichtigte Maria
Theresia nur eine Zweitauflage der bereits erwähnten Monnoies-Kataloge, doch
Rosenberg riet davon ab, „damit selbige nicht der billigen Critique sowohl des inn- als
ausländischen Publici wie die erstere unterworfen seye“.62 Insbesondere die mangeln-
den Erläuterungen wurden beanstandet.63 Anfang 1779 bewilligte Maria Theresia, den
Exjesuiten Joseph Benedikt Heyrenbach, Professor für Diplomatik an der Universität
56 Bergmann 1857, 341–342; mit Angabe der Fassungen in Latein (1799), Italienisch (1808) und Franzö-
sisch (1828).
57 Lein 1949, 92, 108.
58 Dazu das von Bernhard Woytek 2013–2015 an der ÖAW geleitete Forschungsprojekt „Joseph Eckhel
(1737–1798) and his Numismatic Network“ (FWF – Der Wissenschaftsfonds, Projekt P 25282);
Williams / Woytek 2015.
59 Das geht indirekt aus einer mit November 1775 datierbaren Supplikation Eckhels an Maria Theresia
hervor; wörtlich bei Hassmann / Winter 2016, 168–169.
60 Wien, KHM, Antikensammlung, Münzkabinettsakt Nr. 63, olim Nr. 71, vom 5. Dezember 1789;
Bergmann 1857, 336; Lein 1949, 91.
61 Franz Stephan sammelte fast ausschließlich Münzen und Medaillen ab der Zeit Kaiser Karls des
Großen (747/748–814); Bericht an das Oberstkämmereramt vom 24. Dezember 1796; Hassmann /
Winter 2016, 177.
62 Vortrag Rosenbergs vom 5. Jänner 1778; Hassmann 2015, Nr. 90; Hassmann / Winter 2016, 134,
Anm. 258.
63 Lengnich 1780; betrifft die Monnoies-Kataloge insgesamt.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Title
- Schöne Wissenschaften
- Subtitle
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Author
- Nora Fischer
- Editor
- Anna Mader-Kratky
- Publisher
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Size
- 20.9 x 29.3 cm
- Pages
- 306
- Category
- Kunst und Kultur