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50 Christa Riedl-Dorn
lichen Reichs-Hof-Kanzley gefertigten von Uns eigenhändig unterschriebenen Kaiser-
lichen Original Passes ohne Abforderung einiger Mauth, Zoll oder anderen derley
Abgaben, wie sie Namen haben, frey sicher und ungehindert, auch uneröffnet und
ohne bey Mautämtern visitiret zu werden durchkommen und passieren lassen, auch
solches von den Ihrigen zu geschehen anordnen und verfügen.“26 Ignaz von Born
wählte für das könig liche französische Naturalienkabinett eine Sammlung von Dub-
letten aus vergleichbaren Institutionen, Akademien und von verschiedenen Naturfor-
schern, die er durch seine weitreichenden Beziehungen im Laufe der Zeit erhalten
hatte, so aus Russland, England, Holland, Spanien, Frankreich und Italien. Für die
aufwendige Durchführung des Tausches sollte ihm Haidinger als Assistent zugeteilt
werden.
Aus dem Jahr 1785 sind Sammlungsabgänge von 31 Kisten mit Naturalien aus den
kaiser
lichen Beständen an die Universität Lemberg sowie von Mineralien, Insekten
und fast allen Tierpräparaten an die Universität von Pavia verzeichnet. Es scheint, dass
Joseph II. – wie bereits sein Vater – im Naturalienkabinett keine Tierpräparate sehen
wollte,27 obwohl er neben Muscheln auch ausgestopfte Vögel aus der Karibik bestellte.28
Erst unter seinem Neffen Franz II. (I.) wurde ein Tierkabinett 1796 am Josefsplatz
eingerichtet,29 das neben ausgestopften Tieren sogar vier präparierte Menschen zur
Schau stellte – unter ihnen den afrikanischen Kammerdiener der Fürsten Liechten-
stein, Angelo Soliman.30
Ankäufe und Nachlässe
Aufgrund von Klagen Borns, im Kabinett seien zu wenige einheimische Mineralien für
die Neuaufstellung der Sammlungen und Komplettierung der Mineraliensammlung
vorhanden, kaufte Maria Theresia 1780 die Mineraliensammlung von dem k. k. Hof-
sekretär Josef von Dam (oder Damm) um 10.000 Gulden an. Dieser Erwerb ermög-
lichte Born die Fertigstellung der Neueinrichtung von 1781.
Die Ankäufe gingen unter Maria Theresia teilweise zu Lasten ihrer Privatkasse
(Geheimes Kammerzahlamt), unter Kaiser Joseph II. trug die Kosten hingegen der
Hofärar („Staatskasse“). Der Kaiser kontrollierte die Neuerwerbungen auch strenger
als seine Mutter zuvor. Zu den Zuwächsen gehörten etwa Zeolithen und Chalcedone
aus Island und von den Färöern aus dem Besitz des Kaufmanns und „beeidigten Juwe-
len-Marklers in Hamburg“ Pierre Laporterie, die zu einem Preis von 1500 Dukaten
26 Wien, NHM, Mineralogisch-Petrographische Abteilung.
27 Hassmann 2015, Nr. 401. Die präparierte Leiche eines Knaben ließ Joseph II. an das Josephinum
abgeben; ebenda, Nr. 502.
28 Wien, NHM, AfW, Briefe an N. J. Jacquin-1/8/52, Brief von Charles Aquart an Nikolaus Joseph von
Jacquin, St. Pierre Martinique 4.
Juli 1785.
29 Kaiser Franz II. (I.) kaufte bereits 1793 die Sammlung von Tierpräparaten von Josef Natterer.
30 Zu Angelo Soliman vgl. Bauer 1922 (Firla-Forkl 1993); Firla 1996; Riedl-Dorn 1998, 62–64; AK
Soliman 2011.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Title
- Schöne Wissenschaften
- Subtitle
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Author
- Nora Fischer
- Editor
- Anna Mader-Kratky
- Publisher
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Size
- 20.9 x 29.3 cm
- Pages
- 306
- Category
- Kunst und Kultur