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Von der Naturaliensammlung zu den „Vereinigten k. k. Naturaliencabineten“ 51
angekauft wurden.31 Anstelle einer Bezahlung erhielten die Sammler nun immer häu-
figer Geschenke für die Übergabe ihrer Kollektionen wie zum Beispiel der Botaniker
und Direktor des Jardin des Pamplemousses (heute Sir Seewoosagur Ramgoolam
Botanical Garden) Jean Nicolas Céré,32 der in russischen Diensten stehende Naturfor-
scher Peter Simon Pallas, der Entomologe Johann Christian Fabricius und Gottlieb
Heinrich Kannegiesser, Professor der Medizin aus Kiel.
Joseph II. veranlasste auch, dass eine Auswahl von Naturalien und Mineralien aus
der hinterlassenen Sammlung seines Onkels, des k. k. Feldmarschalls und Generalgou-
verneurs der Niederlande Herzog Karl Alexander von Lothringen, von Brüssel nach
Wien an das Naturalienkabinett gebracht wurde, wobei der Transport aus der Staats-
kasse bezahlt werden musste.
Sammelreisen33
Auch war Joseph
II. nicht abgeneigt, eigene Expeditionen zur Erweiterung der Samm-
lungsbestände auszurüsten, wobei die Hoffnung im Vordergrund gestanden haben
dürfte, auf diese Weise an ökonomisch wichtige Produkte und mög
licherweise auch an
eigene Kolonien zu kommen. Bereits 1781 wurde mittels Zirkular von Vizekanzler
Johann Philipp Graf von Cobenzl an verschiedene Gesandte versucht, Pflanzen und
Tiere zu organisieren. Der rege Briefwechsel mit Konsuln in Hafenstädten sollte sich
aber erst fünf Jahre später bezahlt machen.
Schlechte Erfahrungen beim Transport von Pflanzen, etwa aus dem Jardin des
Pamplemousses auf Mauritius, und der Verlust der von Jacquin mitgebrachten und in
Schönbrunn kultivierten Pflanzenkollektion durch die Unachtsamkeit eines Gärtner-
gehilfen ließen den Wunsch nach großangelegten Sammelreisen in exotische Länder im
Kaiserhaus wach werden. Bereits zu Lebzeiten Maria Theresias wurden verschiedene
Pläne in Erwägung gezogen, darunter eine von Born vorgeschlagene Weltumsegelung
im Stil jener von James Cook oder von Louis-Antoine Bougainville, doch wurde diese
Idee verworfen. Einerseits gab es Schwierigkeiten, ein dafür geeignetes Schiff aufzu-
treiben, nachdem Verhandlungen mit dem in einen Prozess verstrickten Oberstleut-
nant und Schiffseigentümer William Bolts gescheitert waren, andererseits erkrankte
Born, der die wissenschaft liche Leitung der Expedition übernehmen hätte wollen.
Auch andere Entwürfe erwiesen sich als undurchführbar. Schließlich einigte man sich
auf eine neuer liche Expedition in die Karibik und nach Nordamerika. An Jacquin und
Born erging die Anweisung, Richtlinien zu verfassen und Teilnehmer vorzuschlagen.
31 Fitzinger 1856, 451, schreibt „Professor de la Patrie in Hamburg“.
32 Mauritius, Réduit, MSIRI, Collection of the Royal Society of Art and Science, Lettres du Jardin de
I’Isle de France, vol. 5, 117–119, Brief von Jean Nicolas Céré an Philipp Graf von Cobenzl vom
18. April 1787, und ebenda, 119, Brief von Céré an Castries vom 21. April 1787, in dem sich Céré für
die Geschenke des Kaisers (Pflanzen und Heilmittel) bedankt.
33 Basiert auf (in Auswahl) Riedl-Dorn 1989, 24–29; dies. 1998; dies. 2001a, 436–445; dies. 2001b, 17–24
und die dort angegebenen Literatur- und Quellenangaben; dies. 2002, 349–353; dies. 2003, 508–520;
dies. 2009.
Schöne Wissenschaften
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Title
- Schöne Wissenschaften
- Subtitle
- Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
- Author
- Nora Fischer
- Editor
- Anna Mader-Kratky
- Publisher
- Österreichische Akademie der Wissenschaften
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-8642-7
- Size
- 20.9 x 29.3 cm
- Pages
- 306
- Category
- Kunst und Kultur