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Schöne Wissenschaften - Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
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Wie ordnet sich Habsburg? Stillstellung und Beweglichkeit um 1780 179 Gnaden zu empfangen. Der Plan ist kodifiziert, nunmehr bibliothekstechnisch kom- piliert und mit der Funktion Bibliothek verlinkt. Noch fehlt der Zugriff auf die Daten des hofbibliothekarischen Massenspeichers. Um der Architektur eines modernen Pro- zessablaufs gerecht zu werden, bedarf es eines Arbeitsspeichers: Deshalb wird ein eigens vom üb lichen Bibliotheksbetrieb separierter Raum eingerichtet, das Katalog- zimmer. In dieser zentralen Bibliographier-Einheit verarbeitet das Programm, ver- gleichbar mit einer CPU, der zentralen Recheneinheit eines Computers, seine über die Pfade beigesteuerten Daten. Allerdings schaltet sich der Datenstrom erst zur Laufzeit zu, indem die Übertragung vom Massen- in den Arbeitsspeicher startet. Die Ausfüh- rung kann beginnen: Die Bibliotheksdiener tragen die Bücher vom Prunksaal ins Katalogzimmer, wobei sie sich jeweils auf einen Kasten aus einem Regal beschränken. Anschließend überprüft der Skriptor die Bände auf eine eventuell vorhandene Stel- lungsnummer, die mit dem Schema RömischeZahl.LateinischerBuchstabe.Arabische- Ziffer der Adressierung von Michael Denis56 folgt. Sollte die Nummerierung Fehler aufweisen, werden diese korrigiert und der eigent liche Beschreibungsvorgang setzt ein. Ungeachtet ihrer Positionen in der Bibliothekshierarchie, vom Skriptor über den Bibliotheksdiener57 bis hin zu den Hilfskräften, nehmen sich alle Bedienstete Werk für Werk die Bände vor. Diese werden nach den üb lichen formalen Kategorien wie Titel, Autor (sofern vorhanden), Druckort und Jahreszahl, Name des Druckers, Format und eventuellen Defekten auf einzelnen, vorgefertigten Zetteln verzeichnet.58 Nach erfolg- ter Beschreibung tragen die Bibliotheksdiener die Bücher zu ihrem Kasten im Prunk- saal zurück. „Nur erst, wenn alle Bücher auf die angenommene Weise beschrieben worden, läßt sich darauf denken, die Zetteln in Ordnung zu bringen, und abzuschreiben.“59 Der nächste Schritt sieht vor, die Angaben zu standardisieren (besondere Aufmerksamkeit verdienen hierbei die unterschiedlich geschriebenen Autorennamen), bevor schließlich die Zettel in extra dazu angefertigten Katalog- kapseln60 eingeordnet werden. Aufgehäuft in unsortierten Stapeln, verschnürt zu ein- zelnen Paketen und mit einem Zwirnfaden zur weiteren Verwendung gebündelt erwarten die Zettel ihre alphabetische Sortierung.61 56 Vgl. Denis 1777, 274–275. 57 Bereits 1835 gab es bedauer licherweise, so Ignaz Mosel 1835, 177, Anm.  2, das Amt des Bibliotheks- dieners nicht mehr, dessen Aufgabe bislang darin bestand, dem Lesenden zu dienen. Vgl. zum „Bibliotheksdiener“ ausführlich Förstmann 1886 sowie Krajewski 2010. 58 Vgl. auch Petschar 1999, 28. 59 Bartsch 1780 (Petschar / Strouhal / Zobernig 1999), 131. 60 Deren äußere Form simuliert wiederum den Anblick eines Buchs. So tarnt sich der Zettelkatalog einstweilen mit der konventionellen Erscheinungsweise eines Bandkatalogs. Ein verbergendes Beruhigungsmittel für traditionsverhaftete Bibliothekare, dessen Erfinder sich meinen Recherchen in Wien bislang leider erfolgreich entzog. Vgl. zur späteren Verwendung von Kapseln (in Gießen) auch Haupt 1888. 61 Die Sortierung wird vermutlich nicht unähnlich dem etwas später vorgeschlagenen Sortier-Algorith- mus von Kayser 1790, 36–42, vorgenommen worden sein, an dem sich wiederum Martin Schrettinger 1808 offensichtlich orientiert hat. Zur Bündelung von Papierstapeln mit Badischen Knoten und preu- ßischer Heftung vgl. Vismann 2000, 282.
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Schöne Wissenschaften Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Title
Schöne Wissenschaften
Subtitle
Sammeln, Ordnen und Präsentieren im josephinischen Wien
Author
Nora Fischer
Editor
Anna Mader-Kratky
Publisher
Österreichische Akademie der Wissenschaften
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-7001-8642-7
Size
20.9 x 29.3 cm
Pages
306
Category
Kunst und Kultur
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