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Die Schulschließungen aus Sicht der Eltern
45Steuerungsinstrumente
und Evidenzquellen im Vergleich DDS, 17. Beiheft (2021)
5 Diskussion
Die Schulschließungen im Frühjahr 2020 haben Schulen, Lehrkräft
e und Familien
unvor bereitet getroff
en; vielfältige Anpassungen für die Durchführung des Fern-
unter richts und das Lernen zuhause wurden notwendig. Das Nationale Bildungs panel
(NEPS) bietet mit seinen repräsentativ gezogenen Stichproben, seinem längsschnitt-
lichen Design und der fl ankierenden Zusatzbefragung seiner Teilnehmenden im
Mai/Juni 2020 eine reichhaltige Datenbasis, um Auswirkungen der pandemiebeding-
ten Schulschließungen auf verschiedene Schüler*innengruppen zu untersuchen. Die
vorgestellten Ergebnisse zu den Th
emen Lernzeit, Zufriedenheit, wahrgenommener
Lernerfolg und veränderte Nutzung von Lernangeboten bestätigen die Annahme, dass
sowohl individuelle Faktoren als auch Kontextfaktoren in Zusammenhang mit die-
sen Aspekten stehen. Die Bedeutung relevanter Einfl
ussfaktoren unterscheidet sich je-
doch je nach gemessenem Merkmal, und es lässt sich kein einheitliches Muster iden-
tifi zieren.
5.1 Geringere Lernzeiten während der Schulschließungen
Analog zu anderen Befragungen (z. B. Letzel et al., 2020) zeigt sich auch in der
NEPS-Startkohorte 2, dass Schüler*innen während der Schulschließungen weni-
ger Zeit in das Lernen investierten, als während der regulären Schulzeit üblich ist.
Die Streuung der von Eltern berichteten Lernzeit während der Schulschließungen
ist zwar erheblich, lässt sich basierend auf den vorliegenden Berechnungen aber we-
der durch die vorherige Lesekompetenz der Schüler*innen, den Bildungshintergrund
der Eltern noch durch die Schulform erklären. Analysen in der Studie von Nusser
(im Druck) legen jedoch nahe, dass entscheidende Unterschiede am unteren Ende
der Kompetenzverteilung zu fi nden sind. So investieren Schüler*innen, die am Ende
der Grundschulzeit sowohl in Lesen als auch in Mathematik unterdurchschnittliche
Leistungen zeigten, während der Schulschließungen nur etwa halb so viel Zeit wie
andere Schüler*innen in das Lernen (Nusser, im Druck). Hierzu ergänzend könn-
ten weitere Analysen noch stärker die schulbezogene Motivation und Lernfreude
oder das schulische Interesse der Schüler*innen berücksichtigen, da anzunehmen ist,
dass insbesondere sehr interessierte und engagierte Schüler*innen sich während der
Schulschließungen gut motivieren konnten, die Lernmaterialien zuhause kontinuier-
lich und mit angemessenem Lernaufwand zu bearbeiten. Gerade bei Schüler*innen
in der Sekundarstufe – im Gegensatz zur Grundschule – gehen Eltern und Lehrkräft
e
vermutlich von einer hohen Eigenständigkeit beim Lernen aus. Unsere Befunde legen
allerdings nahe, dass Lehrkräft
e und Eltern dafür sensibilisiert werden sollten, dass
auch Lernende im Jugendalter in Teilen noch substanziell Struktur und Anleitung
brauchen, vor allem dann, wenn die grundlegenden externen Strukturen durch
Schulschließungen weniger stark präsent sind (vgl. Huber et al., 2020, S. 83).
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Schule während der Corona-Pandemie
Neue Ergebnisse und Überblick über ein dynamisches Forschungsfeld
- Title
- Schule während der Corona-Pandemie
- Subtitle
- Neue Ergebnisse und Überblick über ein dynamisches Forschungsfeld
- Author
- Detlef Fickermann
- Editor
- Benjamin Edelstein
- Publisher
- Waxmann Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-9331-5
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 236
- Keywords
- Schule, Unterricht, Covid-19, Gerechtigkeit, Bibliografie, Lehre, Pandemie, Bildung, Studien
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik