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5. Inventare – Spitalinventare als Forschungsfeld 63
kamer“, „In des wierts kamer“, „In der herren kamer“, „Auf der Press“, „Im annderen
keller in Sand Johannsstrass“, „So sind in ainer kamer gefunden worden und ainem snei-
der zuegehort“314. Manche Spitalinventare geben sich lapidar, wie das erst für das 15.
Jahrhundert nachgewiesene Wiener Neustädter „Sundersiechenhaus“ St. Marx, über das
wenig archivalisch bekannt ist. Ein Inventar von 1472 belegt die ärmliche Ausstattung
in Wiener Neustadt: „Item vermerck, was in den sundersiechenhaus ist: am ersten VIII
pett, I lideren polster, V haubt, clain und gras“315. Die Spitalinventare erzählen lapidar
von „Pödtgwandt“, „Leingewandt“, „Khlaider“ und „Khuchlgschier“316. Zur Vermögens-
verwaltung bzw. zu deren Kontrolle wurden in allen Spitälern regelmäßige Inventare ein-
gefordert317. Spitalinventare sind meist nach der Inventarisierung der Räume gegliedert.
In manchen Spitälern scheinen auch bei der Aufnahme von Spitalinsassen Inventare mit
dem persönlichen Besitz der Eintretenden angelegt worden zu sein318.
Die enge Verflechtung von Spitalmeisteramt und Inventarisierung des Spitalbesitzes
verdeutlicht eine Spitalmeisterinstruktion für Radkersburg aus 1636: „Instruktion [für
den Spitalmeister] und Inventarium“319. Eine der ersten Tätigkeiten eines neu bestellten
Amtsinhabers bei Amtsantritt war die Erstellung eines Spitalregisters oder fallweise eines
Inventars. Inventare wurden im Rahmen von amtlichen, kommissionellen Begehungen
auch im Vorfeld der Amtseinsetzung erstellt320. Der Spitalpfleger/der Spitalmeister musste
neben seiner Rechnungsführung, der Finanzgebarung auch bei der Aufnahme eines neuen
Spitalmeisters verpflichtend ein Inventar (Vorräte, Mobiliar, Viehstand, Kirchengüter
usw.) anlegen bzw. anlegen lassen321, das häufig in zweifacher Ausfertigung (ein Exemplar
beim Stadtrat, ein Exemplar beim Spitalmeister) vorliegt322. Neben den Übergabeinven-
tarien liegen bei längeren Amtszeiten auch offenbar nicht anlassbezogene Inventare vor,
die mitunter auch die Urkunden verzeichnen323. Manche der in (vor allem städtischen)
Spitalarchiven als Serien angelegten324 Spitalinventare weisen, quellenkritisch gelesen, den
Nachteil auf, dass sie sich mitunter dialogisch auf alte Inventare beziehen325. So verzeich-
net das 1583 zur Amtsübernahme eines neuen Spitalmeisters für das Wiener Hofspital
angelegte Inventar eine Aufzählung der Räumlichkeiten und der beweglichen Güter des
Hofspitals, allerdings nur in Bezug auf ein altes (leider verlorenes) Inventar326. Vielfach
wissen wir erst über die vermutlich regelmäßig angelegten, aber nicht immer kontinuier-
314 Just, Das Wiener Pilgerhaus 146–149; als Vergleich das Inventar für das Spital in Vicenza von 1491
(ebenfalls nach Räumen geordnet) Bianchi, Health and Welfare Institutions 220–224.
315 Lechner, Das Neustädter Bürgerspital 143; Beispiele für Inventare des Kitzbühler „Sondersiechen-
haus“ von 1580 und 1629 Kostenzer, Gesundheitswesen in Kitzbühel 403–411 (1580 404–405; 1629 406).
316 Am Beispiel des Spitalinventars von 1673 für das Herrschaftsspital in Weitersfeld: Damm, Weiters-
feld 61f.
317 Reicke, Das deutsche Spital II 66.
318 Rippmann–Simon-Muscheid, Basler Heilig-Geist-Spital 356f.
319 Weinberger, Radkersburg 127–132; Edition Nr. 158, S. 972: Dritten soll der vatter daß pöth ge-
wandt, leylacher, kozen und anders, so ihme vermög inventarium eingeantworttet wierdet, sauber und rain halten.
320 Edition Nr. 142, S. 925: Zu gehorsamber vollziehung ehrwürdiger herrschaft jüngst ergangenen ver-
ordnung haben wür unß den 30. monatstag Martii in daß alhiesige burgerspital verfüegt und den neuangehenten
spitlmaister […] installirt, neben welcher installation wür beyligentes inventarium aufgericht.
321 Reicke, Das deutsche Spital II 92, 107.
322 Vlasaty, Spital 64f.
323 Am Beispiel von Judenburg Ebner-Wanker, Leben und Sterben 62.
324 Als Beispiel Watzka, Arme, Kranke, Verrückte 193f., 197f., 224, 537.
325 Pöttler, 1 tuzet täller 277.
326 Nowotny, Wiener Hofspital 74.
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Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin