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I. Österreich: Hofspitäler (Kommentar Nr. 1–16) 85
Gattin Anna am 27. Jänner, erfolgte eine zusätzliche Erweiterung auf 100 Pfründner-
plätze, wovon 20 Plätze Waisenmädchen zur Ausbildung und zum Unterricht vorbehalten
blieben7. Die Bedeutung des Wiener Hofspitals für den Kaiserhof wird etwa auch durch
den Umstand deutlich, dass der Leichnam der Gemahlin von Kaiser Matthias (Anna von
Tirol) nach ihrem Tod 1619 dort vorübergehend verwahrt wurde, bis eine Umbettung in
die Kapuzinergruft erfolgte8. Nach einer testamentarischen Verfügung Ferdinands für das
Seelenheil Annas vom 4. Februar 1547 erhielt das Hofspital als zusätzliche Dotierung die
Bestandeinkünfte der großen Weinviertler Herrschaft Wolkersdorf (ab 1558 vom
Vizedom
amt verwaltet) zugewiesen. Das Bestandgeld – 1548 waren dies 1.600 fl. – wurde
zuerst via Vizedomamt, später direkt an den Spitalmeister des Hofspitals überwiesen. Die
Grundherrschaft Wolkersdorf blieb bis 1782 mit dem zu diesem Zeitpunkt aufgehobenen
Hofspital (und bis 1870 mit dem Hofspitalfonds) verbunden9.
Kernstück des neuen Wiener Hofspitals – eine der wichtigsten Spitalordnungen für den
mitteleuropäischen Bereich in der Frühen Neuzeit – war die nach italienischem/spani-
schem Vorbild aufgerichtete Spitalordnung vom 4. Mai 1551 (Edition Nr. 1, S. 385–
399), die, nach einzelnen Funktionstypen gegliedert (u. a. Superintendent, Spitalmeister,
Kapläne, „Ärztedienste“, Siechmeister, Waisenmädchen, Aufnahme und Kleidung der
armen Leute), detaillierte Einblicke in die Organisationsstruktur des Wiener Hofspitals
7 Ebd. 12f.
8 Edelbacher, Chronik 16: „Anno 1619 den 2. January [recte 15. Dezember 1618] ist des Jetzt
regierenten Kayssers Matthiae Gemahelin zu Wienn gestorben, vnd Ihr Leichnamb in dem Königlichen Spital
auf behalten worden“.
9 Nowotny, Wolkersdorf 95. Abb. 1: Wien; der heute im
Stiftsarchiv Schlierbach verwahrte,
aus den beginnenden 1620er
Jahren stammende Wien-Plan
des protestantischen Adeligen Job
Hartmann von Enenkel (Maßstab
ca. 1:5.600) zeigt die Residenz-
stadt und vor allem die adeligen
Freihäuser, aber auch öffentliche
Gebäude und die Festungsanlage.
Im so genannten „Schlierbach-
plan“ werden auch die Kirchen
und Spitäler gesondert vermerkt,
wie hier das „Hofspital“ und der
„Spitalsmairhof“ (Quelle: StiftsA
Schlierbach, Hs. A XXIV/Band 2,
24; Opll–Scheutz, Der Schlier-
bach-Plan des Job Hartmann von
Enenkel).
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Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin