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che Betreuung der Hospitalinsassen. Zuvor hatten Pfarrer und Frühmesser mitunter nicht
das beste Verhältnis zum Stadtrat gehabt und sich gelegentlich sogar geweigert, die Messe
für die Spitalleute und für die Ratsherren vor Beginn ihrer Sitzung in der kleinen Kapelle
zu lesen. Im Jahr 1652 drohte daher die Stadt Bludenz sogar mit einer Klage beim Churer
Bischof8.
Mauritius Wolf vermachte als künftige Wohnung des Benefiziaten sein eigenes Haus mit
Stallung, mehrere landwirtschaftlich nutzbare Grundstücke und 3.000 fl. an Kapital für
den Unterhalt des künftigen Kaplans. Dieser hatte als Gegenleistung jeden Sonntag im
Spitalkirchlein einen Gottesdienst für den Stifter zu lesen, außerdem musste er in anderen
Kirchen Messe halten. Das Patronat übte der Magistrat aus, der auch 1690 den ersten
Benefiziaten, Ferdinand Karl Zürcher, Sohn des damaligen Bürgermeisters, bestellte, wo-
durch mit dem Mitbewerber ein für die Stadt kostspieliger Rechtsstreit ausgelöst wurde.
Das Benefizium wurde schließlich von der bayerischen Zwischenregierung mit königli-
cher Entschließung vom 29. Mai 1811 aufgehoben, obwohl die sonntägliche Zehn-Uhr-
Messe in der Spitalkirche stets gut besucht war. Der Stadtrat gab zwar zu bedenken, dass
vor allem kranke, alte und behinderte Personen die auf einem hohen Felsen stehende
Pfarrkirche zum hl. Laurentius nur mit Mühe aufsuchen konnten, blieb aber mit seinem
jahrelangen Protest erfolglos. Eine nicht unwesentliche Rolle bei der Aufhebung dieses
Benefiziums dürfte der Stadtpfarrer Michael Duelli gespielt haben, dem nunmehr ein Teil
der Einkünfte zufloss und der seinen Kooperator künftig im Benefiziatenhaus wohnen
8 Leuprecht, Armen- und Krankenpflege 42.
Abb. 3: Bludenz; Gesellenbrief von Johann Konrad Mayer aus Nürnberg (um 1790). Das heute nicht mehr
existente Bludenzer Bürgerspital befindet sich in der Bildmitte, rechts von der Spitalkirche (dahinter das Rat-
haus mit hohem Giebel und Kamin) (Quelle: StA Bludenz, ohne Signatur;
Hinweis von Manfred Tschaikner, VLA).
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Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin