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Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
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Page - 114 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1

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114 Kommentare IV.2 Salzburg: Mühldorf/Inn – Bürgerspital und Bruderhaus (Kommentar Nr. 28–30) In der Stadt Mühldorf wurden die Armen und Kranken um 1500 lediglich in zwei Häu- sern lebenslänglich versorgt: im spätmittelalterlichen Sondersiechen- oder Leprosenhaus und im 1472 errichteten Seelhaus, dem späteren Bürgerspital zum Heiligen Geist. Im Jahr 1563 erweiterte der Stadtrat die institutionelle Versorgungsmöglichkeit noch durch die Gründung eines Bruderhauses1. Aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg haben sich allerdings keine Hospitalstatuten überliefert, die uns sicheren Aufschluss darüber ge- ben könnten, wie der Alltag und das Leben in den Anstalten organisiert waren. Erst aus dem Jahr 1667 kennen wir die früheste Haus- und Speiseordnung für die Ober- und Unterpfründner im Heiligen-Geist-Spital, die vermutlich im Rahmen der geistlichen und weltlichen Visitation aufgezeichnet wurde (Edition Nr. 28, S. 557–559)2. Das Element der Kontrolle wurde bei der erneuerten Hausordnung für das Bürgerspital 1799 (Edition Nr. 29, S. 560–563) expressis verbis angesprochen, da als Verfasser die hochfürstliche dekanal visitation angegeben ist und die Normen auch vom hochfürstlichen Salzburger Konsistorium ausdrücklich bestätigt werden mussten. Noch im selben Jahr erließ die Kommission ebenfalls Statuten für das Mühldorfer Bruderhaus, die sich inhaltlich eng am Vorbild der Normen des Heiligen-Geist-Spitals orientierten3. Trotz des eventuellen Verlusts früherer Ordnungen und dem allmählichen Wandel der Normen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts – der für die Insassen mit durchaus gefährlichen Folgen verbundene „Zauberei- oder Ketzerparagraph“ von 1667 fand sich aus plausiblen Gründen um 1800 nicht mehr4 – kann bei der eingehenden Analyse der geistlichen und weltlichen Aspekte der Statuten vor allem ein beharrender Aspekt konstatiert werden. Wurde noch im Jahr 1799 einer/einem zukünftigen Pfründner/in die Hausordnung des Bürgerspitals vorge- lesen, bevor sich die jeweilige Person gerne und mit freuden5 den Normen unterziehen sollte, so hatte sich auch um 1860 nichts Grundlegendes an der Situation in der Anstalt geändert, in dem nunmehr überdies die Bewohner des ehemaligen Leprosen- und Bru- derhaus wohnten und die man allgemein als Arme bezeichnete6. Bereits einleitend hieß es in der jüngsten Ordnung vom 31. Mai 1860: Die ins spital aufgenommenen armen, gleichviel ob pfründner oder almosenträger, haben sich eines gottesfürchtigen, geistlichen le- benswandels zu befleißen. Sie sind verpflichtet, unter sich frieden und eintracht zu bewahren, sich aller gegenseitigen schwätzereien und zänkereien zu enthalten, den befehlen des ihnen vorgesetzten hern verwalters unbedingten gehorsam und den mit der ausführung dieser befehle 1 Hamberger, Heiliggeistspital 8–10; Veits-Falk, Armenfürsorge 66–77. 2 AES, 11/77, Inventare, Rechnungen, Ein- und Ausgaben in den Jahren 1665–1672, fol. 726r–729v, Haus- und Speiseordnung für die Ober- und Unterpfründner im Heiligen-Geist-Spital in Mühldorf am Inn 1667. 3 StA Mühldorf a. Inn, A 250, Hausordnungen für das Heiligen-Geist-Spital 1799 und für das Bru- derhaus in Mühldorf am Inn 1799. 4 AES, 11/77, Inventare, Rechnungen, Ein- und Ausgaben in den Jahren 1665–1672, fol. 727r, § 9, Haus- und Speiseordnung für die Ober- und Unterpfründner im Heiligen-Geist-Spital in Mühldorf am Inn 1667; zum Ketzerrecht vgl. Voigt-Roy, Häresie 183–196. 5 StA Mühldorf a. Inn, A 250, Hausordnung für das Heiligen-Geist-Spital in Mühldorf am Inn 1799, § 13; Scheutz–Weiss, Spitalordnung 328f.; Weiss, Österreichische Hospitäler 220f. 6 Veits-Falk, Armenfürsorge 77.
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Spital als Lebensform Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Spital als Lebensform
Subtitle
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
Volume
1
Authors
Martin Scheutz
Alfred Stefan Weiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79639-8
Size
17.5 x 24.7 cm
Pages
432
Category
Medizin
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