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VI.4 Steiermark: Eisenerz – Bürgerspital Kommentar (Nr. 52–53)
Die erste gesicherte Erwähnung des Spitals in Eisenerz datiert in das Jahr 1461, als der an-
gesehene Bürger Kunrat Tackhner neben anderen Stiftungen auch der karitativen Anstalt
eine Wiese in der Ramsau übertrug. Aus dem kaiserlichen Bestätigungsbrief des folgenden
Jahres kann erschlossen werden, dass das Spital neu errichtet worden war. Die Frage, ob
es sich dabei tatsächlich um die Erstgründung handelt oder ein bereits bestehender Bau
adaptiert wurde, kann jedoch aus den Quellen nicht eindeutig beantwortet werden. Die
Anstalt befand sich mitten im Ortskern von Eisenerz, direkt neben der heutigen Liebfrau-
enkirche (Marktkapelle) gelegen. Das ehemalige „Hauß der Armen Leith“ (Lindmoser-
straße 5) existiert noch gegenwärtig und fungiert als Wirtshaus. Aus den ersten Jahrzehn-
ten sind uns nur sporadisch die Namen von Insassen und der Spitalmeister überliefert: So
scheinen Christoph Tackhner und seine Ehefrau Elspeth, welche die Einrichtung überdies
bestifteten, nach 1477 im Spital gestorben zu sein1.
In den Jahren 1501 bis 1503 betreute der Spitalmeister und Bader Lienhard Schrei-
ber die Armen im Bürgerspital, der ferner die Möglichkeit hatte, die akut und chronisch
Kranken zu behandeln. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das kleine Gebäude für die Be-
dürfnisse zur Versorgung der Armen zu klein und vermutlich dachte man auch aus hygi-
enischen Erwägungen daran, den Neubau an den Ortsrand zu verlegen. Nach der Nie-
derschlagung des großen Knappenaufstandes im Jahr 1526 wurde das Bürgerspital im
ehemaligen Bruderhaus der Köhlerbruderschaft eingerichtet (Vordernbergerstraße 13),
das alte Spitalhaus hingegen zwei Jahre später verkauft. Die Bruderschaft musste auch
ihr gesamtes Real- und Kapitalvermögen zugunsten der milden Stiftung abgeben, so dass
die Adaptierungsarbeiten rasch – spätestens 1531 – als abgeschlossen betrachtet werden
können2.
Die Spitalkirche oder Marktkapelle, aufgrund ihrer zentralen Lage bald Mittelpunkt
des märktischen Lebens, wurde 1453 in einem Ablassbrief erstmals erwähnt. Da die Pfarr-
kirche zum hl. Oswald im Winter aufgrund der schwer zugänglichen Lage wenig benutzt
wurde, strömte die katholische Gemeinde in der kalten Jahreszeit zur Frühmesse in die
Liebfrauenkirche. Aufgrund der vermehrten Stiftungen zum Gotteshaus konnte 1490 ein
Neubau der ursprünglichen Hauskapelle vorgenommen werden, 1594 folgte der Turm-
bau. Brände in den Jahren 1615, 1690 und 1745 führten zu schweren Zerstörungen und
zogen jeweils Neubauten nach sich3. Das Spital am Ortsrand verfügte lediglich über eine
kleine Kapelle, die beim Brand 1745 zerstört wurde. Danach mussten die Insassen ihre
Gebete in der Meierstube verrichten, wie der Spitalmeister berichtet. Um dieser Situation
abzuhelfen, sollte der Raum für das Brennholz geteilt werden und ein neues betzimmer
ermöglichen, das sich bis zum Umbau des Bürgerspitals in den Jahren 1953 bis 1955
erhalten konnte4.
Um das Überleben des Spitals für die kommenden Jahrhunderte zu sichern, war eine
materielle Grundlage dringend notwendig. Die Basis dafür bildeten die „Spitallergründt“,
1 Kloibhofer, Bürgerspital 72f.; Loehr, Ortsgeschichte von Eisenerz 21f., 53, 60.
2 Kloibhofer, Bürgerspital 75f., 111f.; Loehr, Ortsgeschichte von Eisenerz 60f.; Wichner, Heilwe-
sen 61f.; Watzka, Arme, Kranke, Verrückte 25, 52.
3 Kloibhofer, Bürgerspital 77f.; Loehr, Ortsgeschichte von Eisenerz 55f.
4 Kloibhofer, Bürgerspital 114; StLA, Weltliche Stiftungsakten 22, K. 118, Nr. 149, Spitalmeister
Ferdinand Bauer an die Hofkommission, 1752 September 22.
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Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin