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ler ein wachsames aug zu tragen (Punkt 2), damit die Hausregeln eingehalten und vor allem
die Gebetsleistungen erfüllt wurden. Das Leben im Haus sollte sich friedlich gestalten – die
Realität sah meist anders aus – und Gott sollte durch die Taten der Insassen nicht beleidigt
werden. Um dieses Ziel zu erreichen, waren der Spitalmeister und sein Frau verpflichtet, sich
gegen die spitaler und armen leute ganz glimpflich [zu] bezeigen, sie auch ohne ursach mit wor-
ten und werken nicht übel [zu] traktiren (Punkt 5)17. Bei Krankheit einer Person musste der
Chirurg oder Apotheker verständigt und entsprechende Nahrung gereicht werden (Punkt
9). Starb ein Insasse, so hatte der Spitalmeister rasch einen Bericht nach Graz einzusenden
und das Inventar zu erstellen (Punkt 10). Er hatte die Baumängel zu beheben und war für
die Vermögensverwaltung zuständig. Außerdem war er zur Sparsamkeit verpflichtet, worun-
ter nicht selten die Insassen zu leiden hatten18. Das Spitaltor sollte abends stets rechtzeitig
abgesperrt werden, und außer sich ergebenden casibus necessitatis [durfte] kein spitaler hinaus-
gelassen werden (Punkt 6). Es war ihm untersagt, Geschenke oder Bestechungsgelder anzu-
nehmen, und er hatte ein einschreibbuch oder prothokoll zu führen, welches die wichtigsten
Informationen zu den Insassen verzeichnete (Punkt 13). In den Jahren 1710 bis 1839 be-
mühten sich immerhin 104 Bittsteller/innen um die Aufnahme ins Bürgerspital, von denen
allerdings nur 26 Frauen und 25 Männer (in Summe 49 %) Berücksichtigung finden konn-
ten19. Vor dem Beginn der so genannten Koalitionskriege – also um 1790 – lebten sechs
17 ders., Hund 192.
18 Valentinitsch, Armenfürsorge 105; Weinberger, Armenversorgung 31.
19 Weinberger, Armenversorgung 64–73; Weiss, Österreichische Hospitäler 221.
Abb. 28: Oberradkersburg/Gornja Radgona (Slowenien); Bürgerspital (Maistrov trg) (Foto: Alfred Stefan
Weiß, 2011).
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Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin