Page - 233 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Image of the Page - 233 -
Text of the Page - 233 -
VI.18 Steiermark: Windischgrätz/Slovenj Gradec – Herrschaftsspital (Kommentar Nr. 77) 233
dung zu kämpfen –, verzichteten im Jahr 1728 Richter und Rat auf die berühmt-berüch-
tigte „Spitalhausfresserei“21, die in den Vorjahren mehr als 100 fl. in die durstigen Kehlen
und hungrigen Mägen der städtischen Honoratioren wandern ließ. Nunmehr kostete die
geringe erkhantnus bescheidenere 26 fl.22.
Ist bereits aus dem Jahr 1729 ein Speiseplan für die Hausbewohner überliefert23, so
ließ die theresianische Verwaltung im September 1754 bei der Amtsübergabe an den
neuen Hospitalmeister auch die Speiseordnung erneut festschreiben (Edition Nr. 77,
S. 723–725). Im Fall von Windischgrätz lässt sich eine Unterscheidung zwischen einer
„Sommer-“ und einer „Wintersaison“ nachweisen; Fleisch wurde lediglich am Sonntag
und zu den besonderen Festtagen gereicht, an den Wochen- und Fasttagen dominierten
(saure) Rüben, Brein (Hirse), Heidensterz, Farferl(suppe), Kraut bzw. Sauerkraut, saure
Milch, Feldbohnen (in der kalten Jahreszeit) und Brot. Am Samstag gab es zusätzlich
Fisolen und eine Maß Wein. Die Angaben erlauben dabei einen guten Einblick in die
regionale bäuerlich-südsteirische Küche24.
Die Hausinsassen wollte man, um den Fonds nicht abzuschöpfen, nicht zu üppig mit
Essen und Wein sowie Kleidung versorgen, damit der Aufenthalt im Spital nicht allzu at-
traktiv angesehen wurde. Das Restvermögen beim Hinscheiden der Spitaler hielt sich oh-
nedies in sehr bescheidenen Grenzen oder wie dies Spitalmeister Jakob Anton Stüger am
wohl treffendsten formulierte: Daß die pfriendnerin Ursula, so stumm und gehörloß wahre,
in dem kayserlich koniglichen spitall alda zu Windischgräz vermög ihres alter den 31ten De-
cemer 1767 auf die nacht, ohne hinterlaßung eines mindesten vermögen, mit tott abgangen25.
21 Scheutz–Weiss, Spitäler 218.
22 StLA, Weltliche Stiftungsakten 34, K. 153, Nr. 6: Specification, waß von dem spithall Windischgräz
denen beamten, dienstleuthen und 12 pfriendtnern dargegeben und jährlichen bezahlt wierdt, 1728.
23 Ebd. K 154, Nr. 16, Spezifikation der Verpflegung, 1729 Dezember.
24 StLA, RuK, Sach 127 II, K. 401, fol. 464r–465v.
25 StLA, Weltliche Stiftungsakten 34, K. 156, Nr. 144, Joseph Anton Stüger an die Milde-Stiftungs-
hofkommission, undatiert, ca. 1768 Anfang Jänner.
back to the
book Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1"
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin