Page - 284 - in Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Image of the Page - 284 -
Text of the Page - 284 -
284 Kommentare
nem halbmorschen Baum mit einer grünenden Blätterkrone) etabliert, aus dem „fall-
weise“ Klagelaute zur Warnung vor Hungersnöten, Krieg oder Pest entwichen. Eine Kir-
che zum Heiligen Hiob (Zum heiligen Job) wurde 1267 fertig gestellt und durch den
Passauer Bischof geweiht. Nach der Verwüstung des Areals 1529 dauerte es bis 1581, bis
infolge einer Stiftung von Barbara von St. Georgen und Pösing das Siechenhaus wieder
hergestellt werden konnte. Nach der neuerlichen Zerstörung wurde das Siechenhaus 1686
auf Kosten des Wiener Bürgerspitals renoviert. Das Siechenhaus Klagbaum versorgte zehn
bis zwölf Personen beiderlei Geschlechts30. Das ebenerdige, mit kleinen Fenstern verse-
hene Siechenhaus wurde durch Joseph II. aufgehoben und 1786/1787 abgebrochen.
Das Spital von St. Marx (im Bereich Wien III, Landstraßer Hauptstr. 173–175), in
der Frühen Neuzeit „ein Spithal / nicht weit von Wien gelegen / darinnen diejenigen
/ so die Verole [Syphilils] haben / sich curiren lassen“31, wurde erstmals 1270 erwähnt
(bis ins 14. Jahrhundert dem Heiligen Lazarus geweiht)32. Die Versorgungseinrichtung
erscheint im 14. Jahrhundert als Siechenhaus (seit 1370 dem namengebenden Heiligen
Markus geweiht). Als Vogt des Siechenhauses fungiert der landesfürstliche Amtmann aus
der Wiener Scheffstraße, die Kapelle wurde vom Kaplan des Himmelpfortklosters betreut.
Im Jahr 1376 wird das Haus erstmals als „Haus zu St. Marx, das man zu St. Lazar nennt“
bezeichnet. Im Zuge der ersten Belagerung Wiens durch die Osmanen 1529 wurde das
Areal verwüstet, jedoch bald wieder mittels frommer Stiftungen erneut errichtet, weil im
innerstädtischen Ausweichquartier, dem ehemaligen Klarissenkloster, Ansteckungsgefahr
herrschte (1540 Belegung mit Kranken für St. Marx nachweisbar). Wolfgang Schmeltzl
bezeugt 1547 190 Insassen für dieses Spital, 1562 wurde im Spitalhof eine neue gotische
Kirche, 1586 durch den Ratsherrn Sebastian Wilfinger ein neuer Seitentrakt errichtet
(1629 neuer Trakt mit Gasthaus33). Nach der Zerstörung von Haus und Wirtschaftshof
1683 konnte das Haus seinen alten Stand nicht mehr erreichen. Im Jahr 1706 wurde
das Spital St. Marx dem Bürgerspital einverleibt, das umgehend das Spital erweitern und
neue Abteilungen einrichten ließ34. Im Zuge der josephinischen Umorganisation des Wie-
ner Armen- und Krankenwesens im Jahr 1784 wurden die Kranken in das neu errich-
tete Allgemeine Krankenhaus überstellt, während ab 1785 alte, gebrechliche Bürger aus
dem innerstädtischen Bürgerspital (am Schweinemarkt) ins Bürgerversorgungshaus St.
Marx überstellt wurden. Erst mit dem Neubau des Bürgerversorgungshauses 1861 (IX,
Währingerstr. 45) endet die Geschichte des Spitals St. Marx. Die weitere Nutzung des
Areals stand im Kontext einer früheren Spitalnebenfunktion: Adolf Ignaz Mautner, der
Pächter der Spitalbrauerei, mietete das gesamte Areal und etablierte dort eine der größten
Bierbrauereien Österreichs. Die Reste des Spitals St. Marx wurden 1945 zerstört (später
Neubauten).
Als „Lazarett“ wurde in der Frühen Neuzeit das alte Spital „Johannes in der Siechen-
als“ (IX, heute Arne-Carlsson-Park) bezeichnet35. Das Siechenhaus (an der Als gelegen)
wird um 1298, die zugehörige Kapelle 1255 erstmals genannt. Ähnlich wie die beiden
anderen Siechenhäuser (Klagbaum Wien IV, St. Marx Wien III) lag das Siechenhaus an
einer Ausfallsstraße (am Ende des städtischen Verwaltungssprengels). Im Jahr 1476 über-
30 Hofbauer, Wieden 185.
31 Keller–Scheutz–Tersch, Einmal Weimar – Wien und retour 38.
32 Czeike, Wien Lexikon 5 269f.
33 Ziak, Landstraßer Heimatbuch 55.
34 Ebd. 54f.
35 Czeike, Wien Lexikon 3 364; Wolf, Alsergrund-Chronik 25f., 42f.
back to the
book Spital als Lebensform - Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1"
Spital als Lebensform
Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit, Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Spital als Lebensform
- Subtitle
- Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit
- Volume
- 1
- Authors
- Martin Scheutz
- Alfred Stefan Weiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79639-8
- Size
- 17.5 x 24.7 cm
- Pages
- 432
- Category
- Medizin