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Schutz gegen die Türken war daher das erste gemeinschaftliche
Interesse und der Beruf, der die Völler und Regenten des öster-
reichischen Staates wechselseitig verband. Auf ihn sollten vorzugs-
weise alle Bestrebungen des staatlichen Bereines abzielen, nach ihm
sollte dessen innerer Organismus thunlichft eingerichtet werden, in
ihm spiegelte sich, wenn ich so sagen darf, die erste Idee des
entstehenden österreichischen Staates. Während einer mehr als
200 Jahre langen Dauer desselben faßte die Bereinigung unter
einer Dynastie so tiefe Wurzeln im Leben der verschiedenartigen
Böller, daß sie auch dann den Stürmen der Zeit widerstehen
konnte, als jene Idee bereits an Macht und Wirkung zu verlieren
begann, indem die neue Zeit immer neue Interessen und Be-
dürfnisse mit sich brachte.
Unter den westeuropäischen Mächten waren die römischen
Päpste stets die treuesten Verbündeten und Helfer des österr.
Hauses im Kampfe gegen die von den Türken drohenden Gefahren.
Es ist nicht nothwendig die Ursachen und Umstände auseinander
zu setzen; sie liegen für Jedermann auf der Hand. Doch gab
dieses Verhültniß, sowie die spanische Erziehung der österr. Re-
genten Anlaß dazu, daß beide Beherrscher, die Kaiser sowohl als die
Päpste treu zu einander hielten, auch als die occidentalische Christen-
heit dem Zwiespalt verfiel; welcher Zwiespalt zunächst daher rührte,
daß die Päpste, nach dem Grundsatze der Autorität die Linie
bestimmend, innerhalb welcher das Wissen und Wollen der Mensch-
heit sich zu bewegen habe, dasselbe auf jener Entwickelungsstufe, zu
der es im XV Jahrhundert gediehen war, aufzuhalten, zu fifiren
und so zu sagen zu kristallisiren sich bemühten; wogegen ein über-
aus großer Theil des Christenthums sich entschloß, an der Hand
der Vernunft frei weiter zu schreiten, wenn man etwa auch nicht
wußte, wohin der Weg endlich führen werde. Als daher die Re-
ligionslümpfe entstanden, durch die das westliche Europa im XVI
und XVI I Jahrhundert so stürmisch bewegt wurde, waren die Re-
genten aus dem Hause Habsburg die vorzüglichsten Vertheidiger der
aus Rom verkündeten Grundsätze.
So theilte sich denn schon frühzeitig die Aufgabe des Ksterr.
Staates nach zwei Richtungen hin: einerseits sollte es das Chri-
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book Österreichs Staatsidee"
Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918