Page - 33 - in Österreichs Staatsidee
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VichU deftoweniger sehen wir täglich, wie weife Politiker in Öster-
reich, besonders Deutsche und in Wim, auf eine solche Art unsere
eueren Angelegenheiten und Bedürfnisse discutiren, als wenn die
Zprachenfrage für uns gar nicht epftlrte; ja ich habe ein ganzes,
geistreich geschriebenes Buch über die natürlichen Borbedingungen
des Parlamentarismus in England und Österreich gelesen, in welchem die
nationale Verschiedenheit der österreichischen Völler fast mit keinem
Worte erwühnt wurde. Ich glaube, daß Manche aus wirklicher
Unknutniß und aus Unverftindniß handeln, da sie entweder die
verschiedenen Länder Österreichs nie oder wenigstens nicht mit dem
Gefühle und Bewußtsein bereist haben, daß wir alle, die wir
innerhalb der staatlichen Marken wohnen, zu einander gehören,
und daß sie auf den Satz vergessen: ^u»tri»oll3 «um, H.ustri«:i
«lül » mo lllionuN «wo puto. Indem sie also aus eigener An-
schauung nicht mehr als eine Nationalität in Österreich kennen,
denken und lümmern sie sich wenig um die übrigen. Doch giebt
es auch solche und zwar viele, die absichtlich nur die eine oder
andere Nationalität sehen und alle übrigen in Abrede stellen. Von
solcher Art war z. N. Herr Kossuth LajoS, einer der ärgsten
slavifchen Renegaten, der sich, wie bekannt, öffentlich dahin äußerte,
daß er in Ungarn nur eine einzige Nation (nenuwt. d. h. die
Mlgyaren) kenne und anerkenne, alle übrigen Bewohner bilden
nur bloße Racen (KMt ) ; und leider tossuthiren noch heutzutage
viele Tausende auf ganz dieselbe Art und Weise. Und außer-
halb Ungarn findet man Taufende von Deutschen, die über das
Nerhältniß ihrer Nation zu den übrigen Völkern dieselbe Gesin-
nung hegen, wiewohl sie immerhin zögern, sie mit gleicher Roheit
auszusprechen. Auf der anderen Seite giebt es eine Unzahl von
überaus weifen Politikern, bei denen Freisinnigkeit und constitutio-
uelle Überzeugung nicht aus dem Herzen und dem Gefühle, sondern
nur aus kalter Überlegung kommen, da sie dies Alles lediglich
von Ausländern, namentlich Franzosen und Deutschen erlernt
haben. Sie vermögen es nicht, einen konstitutionellen StaatS-
organiSmus in einer anderen Gestalt, als nach der vormärzlichen
französischen und belgischen Schablone, oder nach ihrem Abklatsche,
den ihnen die Herren Rotteck und Welcker mundgerecht gemacht
Palaclh: Österreich'« Staatsidee. g
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Österreichs Staatsidee
- Title
- Österreichs Staatsidee
- Author
- Franz Palacký
- Publisher
- I. L. Kober Verlag
- Location
- Prag
- Date
- 1866
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 14.7 x 21.5 cm
- Pages
- 110
- Categories
- Geschichte Vor 1918