Page - 28 - in „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Volume III
Image of the Page - 28 -
Text of the Page - 28 -
28 Tagebücher
Amada, wo ebenfalls ein kleiner tempel ist, hauptsächlich dadurch merk-
würdig, daß die farben der Basreliefs und figuren noch sehr wohl erhalten
sind. unter diesen bemerkte ich eine figur, welche mit 4 an einen strick
gespannten ochsen (der strick ist an der fessel des linken voderfußes befe-
stigt) pflügt, eine höchst einfache Pflugschara. sonst sieht man immer und
überall dieselben figuren und gegenstände. 1
Auch dieser tempel wurde von den ersten christen übertüncht, mit einer
infamen kuppel versehen und eine Zeit lang als kirche gebraucht.
gegen 1 uhr mittags hielten wir einen Augenblick in korosko an.
Die Weiber sind hier unerlaubt häßlich, dazu ihre kurzen geflochtenen
fetten haare, es ekelt einem vor ihnen. überhaupt habe ich auf dieser gan-
zen reise auch nicht ein Weib oder mädchen gesehen, das nur im gering-
sten Begierde erregt hätte, ebenso unglücklich war ich in cairo mit Aus-
nahme von ein paar europäerinnen und einer sclavinn auf dem dortigen
sklavenmarkte, welche aber die frau des Jellab (sklavenhändlers) war
oder hieß.
[am nil nördlich von gerf hosseyn] 23. Jänner
An tempeln ist hier kein mangel, und sie stehen alle so dicht am ufer, daß man
sie ohne unbequemlichkeit und Zeitverlust in Augenschein nehmen kann.
gestern Abend gegen 8 uhr waren wir vor sebu, da es schon völlig nacht
war, so ließ ich meine beyden reisegefährten allein dahin gehen, es soll ein
ziemlich unbedeutender tempel seyn. heute früh 8 uhr besahen wir uns
den tempel von moharraka, dem alten hierosycaminos, aus den Zeiten der
Ptolemäer, es steht davon nichts mehr als die vorhalle, bestehend aus 2
reihen eleganter säulen mit den colossalen Querbalken, und daneben die
halbeingefallenen mauern aus Quadersteinen.
ein paar stunden später waren wir in dakkeh und besichtigten den
großen tempel, gebaut von ergamun, könig der Aethiopier zu Ptolemäus
Philadelphus Zeiten, 300 vor christus, mit hieroglyphen und cartouches,
welche ein etwas von den ägyptischen abzuweichen schienen, derselbe ist
noch ziemlich gut erhalten. die großen mauern, thore und thüren, sowie
naos, pronaos etc. stehen alle noch, nur die Avenue, dromos ist nur mehr
schwach kenntlich, es ist ein schönes, grandioses Bauwerk. dakkeh ist das
alte Pseleis, und hier wurde gott hermes trismegistus verehrt, der Pa-
tron der Ärzte und magier. daher Pseleis der hauptsitz ägyptischer magier
war. ergamun war der äthiopische könig, welcher sich von der herrschaft
der Priester, die in meroë ihren hauptsitz hatten, frey machte.
a Es folgt die Zeichnung der Pflugschar in Form eines T mit leicht schrägem längeren Quer-
balken.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien