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42 Tagebücher
in einem tage abzumachen, so gab ich sakkara auf und ritt mit mohammed
ganz allein von Bedrasheyn direkt nach den Pyramiden von gizeh, ein sehr
angenehmer ritt durch angebautes land und Palmenwälder, der aber über
4 stunden währte, ein paarmahle mußten wir uns durchs Wasser tragen
lassen, da der nil noch immer nicht ganz in seine ufer zurückgetreten ist.
Wir ritten in ziemlicher entfernung an mitrahenny, dem alten memphis
(von dem aber außer einem umgestürzten kolosse von ramses ii. kaum
mehr etwas zu sehen ist), und an den Pyramiden von sakkara, von de-
nen die eine staffelförmig, ebenso an den 2 halbverfallenen Pyramiden von
Abusir vorüber und kamen endlich an den rand der Wüste und von da in
kurzer Zeit nach den großen Pyramiden. um diese herum ist ein Beduinen-
stamm angesiedelt, welche, halb nomaden halb fellahs, sich von diesen
hauptsächlich dadurch unterscheiden, daß sie keine steuern zahlen, son-
dern der regierung andere dienste, eine Art Wüstenpolizey, entrichten.
dieses gesindel umringte mich dann gleich, schleppte mich in die große
Pyramide, in die sogenannte königsgruft hinauf (ein höchst mühsamer
Weg), in welcher nichts zu sehen war als ein leerer sarkophag und eine
masse nahmen, darunter edmund Zichy und schmidys kálmán [sic], und
begleitete mich dann mit allem möglichen geschrey und unverschämtheit,
so daß ich froh war, als ich wieder wegkam.
vielleicht war dieses der hauptgrund, weßhalb ich keinen besondern
eindruck von den Pyramiden mitnahm, sie erschienen mir mehr wie kolos-
sale steinhaufen, die man zudem von keinem Punkte aus ganz übersehen
kann, ebensowenig frappirte mich die sphinx.
von dort ritten wir ungefähr 2 stunden bis gizeh, wo wir um sonnenun-
tergang ankamen, dort wollte ich die berühmten Brutöfen ansehen,1 doch
wurde in denselben nicht gearbeitet und wird es erst beym neuen monde,
also in circa 14 tagen werden. An Bord zurückgekehrt, aß ich allein, flet-
cher kam erst später, und ließ das Boot nach Bulak hinabfahren, jedoch,
um eine ruhige nacht zu haben, an der entgegengesetzten seite anlegen.
gestern früh fuhr das Boot herüber, ich übergab Page, welchen ich am
tage vorher von meiner Ankunft hatte in kenntniß setzen lassen, schiff
und einrichtungsstücke, ließ alle unsere effecten auf 2 Wägen packen, was
wie Alles, wobey Araber interveniren, entsetzlich lange dauerte, und ritt
dann nach cairo in shepherd’s hôtel, wo ich gegen mittag ankam.
das hôtel ist sehr voll, viele reisende, die vom nil zurückkehren und
nach syrien gehen. Burton ist zu seinem regimente nach indien (Bombay)
einberufen worden, da ein krieg mit Persien und den Afghanen, welche
rußland hetzt, in Aussicht steht. louise santAntimo ist hier und kömmt
1 die in Ägypten verbreiteten öfen zum Ausbrüten von hühnereiern.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien