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Februar 1854
aus indien. hamilton ist mit didier nach dem sinai, doch ist ihm shepherd
mit einem Wechselarrestbefehle auf den fersen, es ist dies eine etwas
dunkle geschichte. übrigens ist hier der fasching im vollen Zuge, man
tanzt im casino, bey Zizinia, subscriptionsbälle etc.
ich habe gestern und heute mit rechnungen, Auszahlen, Attestaten etc.
vollauf zu thun gehabt, aber dennoch Zeit gefunden, gestern huber zu be-
suchen, bey dem ich die Bekanntschaft eines äußerst interessanten und ge-
scheidten mannes machte, des Armeniers hakekar Bey, welcher die regie-
rungsausgrabungen in memphis leitet (er hatte früher wichtigere Posten,
ist aber mit seinem schwager Artim Bey in ungnade gefallen), und heute
champion. gestern hatten wir zum ersten mahle den südwind khamsin.
es sind jetzt ein paar toskanische Ärzte zu fabelhaften Preisen als leib-
ärzte AbbasPaschas engagirt, und dadurch die zwey Wiener Ärzte lautner
und reyer (welche übrigens ihre administrativen stellungen behalten und
sehr geachtet sind)1 in den hintergrund gestellt, worüber natürlich huber
sehr unzufrieden ist, da ein großer Theil des politischen Einflusses durch
die jedesmaligen leibärzte geht, ungefähr wie in frankreich zu Zeiten lud-
wigs Xi.
die Peninsular & oriental company hat keinerley handels- oder Zoll-
begünstigungen im vergleiche zu den anderen (österreichischen, franzö-
sischen etc.) gesellschaften erhalten, obwohl sie im vorigen Jahre einen
starken Anlauf nahm. Die österreichischen Kaufleute, Lloyd, Triester Bör-
sendeputation etc. haben mehrmals zur Anknüpfung von verbindungen
im inneren Afrikas leute geschickt, so z.B. erichsen, Bochdalek etc., aber
immer ohne Erfolg. Der eigentliche Weg dazu wäre, eingeborne Kaufleute
in Assuan, chartum etc. als Agenten aufzustellen, nicht aber europäer hin-
zuschicken.
es heißt, daß die Quarantäne zwischen egypten und dem türkischen
reiche aufgehoben sey, und man erwartet mit der nächsten Post aus con-
stantinopel die officielle Mittheilung, in diesem Falle würden die Dampf-
schiffe reisende von Alexandrien nach Jaffa, Beirut etc. aufnehmen, und es
wäre sehr möglich, daß ich diesen Weg einschlüge.
heute ist die französische Post gekommen, die nachrichten lauten krie-
gerischer als je, auch die thronrede der königin victoria spricht von der
möglichkeit eines kriegs. frankreich und england haben ihre flotten ins
schwarze meer beordert, um dort station zu nehmen, sie scheinen einiger
als je, der französische thronfolger ist nach Brüssel gegangen, um könig
leopold zu besuchen, ein merkwürdiger und nach Allem, was bisher vorge-
1 es handelte sich um zwei Wiener Ärzte, die nach niederschlagung der revolution von 1848
nach Ägypten emigriert waren.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien