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52 Tagebücher
der regierung (der garantie für meine sicherheit wegen) bestätiget werden
mußte, war hauptsächlich deren ursache, so daß die kamehle und leute
erst am 26. nachmittags erschienen, zudem war es ein äußerst stürmischer
unangenehmer tag.
champion wollte mich noch am 26. früh in ein haus eines reichen levan-
tiners führen, wo eben die üblichen hochzeitsbesuche abgestattet wurden,
um mich das interieur eines solchen hauses sehen zu lassen, als ich aber
in dieser Absicht zu champion kam, hörte ich, daß Braut und Bräutigam
selbst nach Boulak auf Besuch gegangen waren, schade daß ich diese gele-
genheit versäumte.
Am 27., montag, einem sehr schönen tage, früh 10 uhr ritt ich also ab.
huber kam noch, mir Adieu zu sagen, und begleitete mich eine strecke.
visconti, deleon, reinicke etc. nahmen vor dem hôtel Abschied, ersterer in
der hoffnung, mich bald in constantinopel zu sehen, da er seine stellung,
die eigentlich keine stellung ist, aufgeben will. deleon gab mir einen Brief
an den amerikanischen geschäftsträger in Wien, Jackson, es wird von den
umständen abhängen, ob ich ihn benütze.1 ich ritt an Abbasia vorüber, wo
die Wüste etwa 1 stunde von cairo beginnt, es war ein heißer tag, und
ich wurde vom kamehlreiten beynahe seekrank, später gewöhnte ich mich
vortrefflich daran, machte aber doch beynahe die Hälfte der Reise zu Fuße.
die reine köstliche Wüstenluft that mir unendlich wohl, und besonders an
diesem ersten Tage fühlte ich ihren stärkenden Einfluß.
Abends erhob sich ein sehr heftiger Westwind, welcher das nachtlager
in dem ziemlich schlechten Zelte zu einem sehr unconfortablen machte und
den ganzen folgenden tag dauerte. An diesem kam ich bis zur 10. Poststa-
tion, ich verfolgte nähmlich den Weg nach suez, welchen die überlandpost
nimmt, eine schöne breite größtentheils chausséeartig gebaute straße (es
wird noch daran gearbeitet) mitten in der öden dürren Wüste von grauem
sande und nackten grauen felsen. gegen mittag kamen wir an dar el
Beda vorüber, einem schlosse Abbas Paschas in der wüstesten Wüste. das
nachtlager nahm ich dicht an der 10. station. der ganze Weg mit gerippen
und leichen gefallener kamehle besäet, von denen wir mitunter die rie-
sengeyer aufscheuchten.
nach einer ziemlich unangenehmen nacht, es stürmte und regnete, ging
es weiter, die gegend wurde hier malerischer, die schönen blauen gebirge
des gebel Attaka rückten näher, das halbverfallene fort Adjerut blieb links
liegen, und nachmittags sahen wir das rothe meer, der Wind dauerte fort,
dazwischen mehrere regengüsse, so daß ich endlich ganz durchnäßt an
der 15., letzten, station halten ließ und mich eigenmächtig in dem sta-
1 dieses empfehlungsschreiben, datiert cairo 25.2.1853, liegt in k. 115, umschlag 666.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume III
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- III
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 476
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien