Page - 30 - in Tina und Amir & Ella - German

5 10 15 20 25 30 30 „Ich habe mich wirklich gewundert, wie sie sich überhaupt bewegen konnte – aber sie war sehr gut“, sagte Sonia. „Was ist noch passiert, Dina?“, wollte Isabell wissen. „Am Nachmittag bekam meine Mutter Besuch von einer Freundin. Sie tranken Kaffee und sprachen über unterschiedli- che Kulturen – über Sprachen und den Iran. Ich wurde neugie- rig und setzte mich zu ihnen. Da hörte ich die Freundin meiner Mutter vorwurfsvoll sagen: ‚Ich verstehe nicht, wenn sie in un- serem Land sind, könnten sie doch ihre Kopfbedeckung zuhau- se lassen. Wir müssen uns auch anpassen, wenn wir dorthin fahren.‘“ „Weißt du, wie ich mich gefühlt habe?“, fragte Dina, „Ich habe mich richtig geärgert – aber kein Wort gesagt. Dann hör- te ich die Freundin meiner Mutter murmeln: ‚Dann werde ich eben in den Iran fahren und kein Kopftuch tragen.‘ Ich dachte mir aber: ‚Du wirst nicht weit kommen.‘ Im Iran wäre das so, als ob du, als Frau, nackt eine Straße entlang gehen würdest. Plötzlich war mein Ärger verflogen. Ich musste lachen, denn ich stellte mir die Freundin meiner Mutter vor, wie sie ohne Bekleidung durch eine unserer Straßen geht. „Wäre das nicht lustig?“ Isabell, Sonia und ich lachten. Als wir uns dem Schulgebäude näherten, sahen wir Isaak auf uns zukommen. Isaak war neu in unserer Klasse. Er konnte weder Deutsch lesen noch schreiben. Aber er versuchte Deutsch zu sprechen. Natürlich stotterte er, kam mit den Zeitformen durcheinander und auch Worte brachte er oft in ganz falscher Reihenfolge hervor. Ich dachte, wie schwierig es ist, eine andere Sprache zu sprechen, schreiben und lesen zu lernen. Wie war es möglich, dass manche Kinder zwei oder gar drei Sprachen sprechen? Ich fühlte mich richtig dumm.