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Die Internationale Artisten- Organisation (kurz: I. A. O.) mit dem Druckwerk
„Das Internationale Artisten- Organ“ wurde 1919 als nationale Teilorganisation der
sozialistischen Internationalen Artistengewerkschaft gegründet. Sie vertrat alle
Arten von ArtistInnen:199 AkrobatInnen, TänzerInnen, ZauberkünstlerInnen etc.
Von den Musizierenden vertrat sie KlavieralleinspielerInnen und SängerInnen
– alle
anderen Musizierenden nur, wenn sie auch Mitglied im Musikerverband waren.200
Wie für den Musikerverband schwanken auch bei der I. A. O. die Mitgliederzahlen
je nach Quelle beträchtlich. Während sie nach eigenen Angaben 1928 über 8.000
Mitglieder hatte, zählte das Wirtschaftsstatistische Jahrbuch für 1929 und 1930 nur
935 bzw.
1.185 Mitglieder. Die I. A. O. war auch Veranstalterin der vor allem in Wien
bekannten öffentlichen Artistenprüfungen, die für die Aufnahme in die Gewerk-
schaft erforderlich waren.
Im Zentralverband der Arbeiter- Musik-
Vereine mit dem Druckwerk „Die Volks-
musik“ waren jene Vereine organisiert, die sich als Arbeiterkapellen präsentierten.
Der Zentralverband wurde 1924 gegründet und beschäftigte sich vor allem damit,
Anleitungen zur besseren Vermittlung von Musizierfähigkeiten zu geben und Kon-
zerte für die dem Verband angehörigen Chöre und Kapellen zu organisieren. 1930
hatte der Verband nach eigenen Angaben etwa 2.000 Mitglieder.201
Eine der weniger schlagkräftigen und einflussreichen Organisationen war die Orga-
nisation der Krüppelmusikanten (auch bekannt als Verband der Musiklizenzinhaber),
die hier dennoch erwähnt werden soll, da sie eine ansonsten offiziell überhaupt nicht
organisierte Gruppe von Musizierenden vertrat. In ihr hatten sich einige der lizen-
zierten BettelmusikantInnen Wiens zusammengeschlossen, um gegen die Konkurrenz
der unlizenzierten Musizierenden zu protestieren. So wurde etwa die Verwendung des
Vereinsabzeichens als offizielle und sichtbare Legitimation zum Straßenmusizieren
gefordert.202 Auch die Forderung nach einer Aufwertung des Bettel musizierens als
Gewerbe 203 oder als Arbeit 204 fand sich in ihren Stellungnahmen wieder. Die äußerst
geringe Teilnehmerzahl etwa an vom Verband veranstalteten Demonstrationen –
so nahmen an jener vom 14. August 1922 etwa 19 Personen teil 205 – lassen trotz
199 Zur Definition des Artisten siehe FN 128.
200 Internationales Artisten- Organ (1926), Nr. 4, 4.
201 Die Volksmusik (1930), Nr. 4, 1.
202 Österreichisches Staatsarchiv, AdR, Bundeskanzleramt/Ministerium für Inneres, Schaustel-
lungen etc., 1922, Zl.
47.778, Demonstration der blinden und krüppelhaften Strassenmusiker.
Denkschrift des Verbandes der Musiklizenzinhaber.
203 Illustriertes Wiener Extrablatt (1921), 26. Juli, 3.
204 Ebd.
205 Österreichisches Staatsarchiv, AdR, Bundeskanzleramt/Ministerium für Inneres, Schaustel-
lungen etc., 1922, Zl.
47.778, Demonstration der blinden und krüppelhaften Strassenmusiker.
Differenzierungen und Konflikte 1918 – 1938 61
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Über die Produktion von Tönen
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Title
- Über die Produktion von Tönen
- Subtitle
- Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
- Author
- Georg Schinko
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20802-0
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
- Category
- Kunst und Kultur