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Über die Produktion von Tönen - Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
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Positiv auf Kunst bezogenes Musizieren verfügte im Untersuchungszeitraum über ein Ausmaß an Legitimation, das für negativ auf Kunst bezogenes Musizieren oft- mals nicht gegeben war. Wer als KünstlerIn musizierte, kam nur selten in Verlegen- heit, sein/ihr Musizieren rechtfertigen bzw. als nützlich und sinnvoll darstellen zu müssen. Bisweilen schien es überhaupt, als wäre Musizieren als Ganzes auf künst- lerisches Musizieren reduzierbar. Bekkers Schrift „Über das deutsche Musikleben“ etwa setzte trotz des umfassenden Titels stillschweigend voraus, dass es sich bei den MusikerInnen und der Musik, über die er schrieb, um KünstlerInnen bzw. um Kunst handelte. Diese Verengung des Musikbegriffes findet sich auch bei manchen Musik- wissenschaftlerInnen und HistorikerInnen, die Musik zum Gegenstand ihrer Unter- suchungen machen. So beschäftigen sich viele Darstellungen der Musikgeschichte oder des „Musiklebens“ detailreich mit Musikfesten, Opern- und Konzertprogram- men und akademischen Ausbildungen, ohne das außerhalb dieses Rahmens stehende nichtkünstlerische Musizieren zu thematisieren. Entsprechend logisch scheinen im Rückblick sowohl die Existenz als auch die Privilegierung von Musizieren als Kunst zu sein. Die folgende Darstellung soll hingegen auch den Blick darauf lenken, dass künstlerisches Musizieren seine Bedeutung nur in Auseinandersetzung mit und Abgrenzung von anderen Formen des Musizierens erlangte und erlangt. Auch man- che dieser anderen Formen des Musizierens waren normalisiert und anerkannt. So wurde etwa in den Durchführungsbestimmungen zur Musikerverordnung explizit die „volkstümliche und rein ideale Musikpflege“ erwähnt und als maßgeblich für die Ausgestaltung der Musikerverordnung dargestellt.26 Dementsprechend wurden diese Formen des Musizierens auch nicht nur als Mangel an Kunst erzählt, sondern durchaus als eigenständige und mit eigener Legitimität ausgestattete Musizierweisen. Dennoch erreichten sie nicht den Grad an Selbstverständlichkeit der Kunst, sodass sie (wie diese) Musizieren insgesamt repräsentieren hätten können. An der Konstruktion und Legitimation von Kunst wurde nicht nur von den Musi- zierenden selbst gearbeitet. Wie ich weiter oben gezeigt habe, waren auch Teile der staatlichen Verwaltung damit beschäftigt, Kunst von Nicht- Kunst zu trennen und auf dieser Trennung aufbauend Entscheidungen zu treffen. Wer künstlerisch musi- zierte, hatte etwa bessere Aussichten, als Angestellter/Angestellte (im Gegensatz Kunst nur eine niedrige Wichtigkeit aufweist. Es ist allgemein zu vermuten, dass die Ausübung von Musizieren als brotlose oder verkannte Kunst eine eher seltene und unwahrscheinliche Kombination darstellte, dass also die Wahrnehmung von Musizieren als Kunst eng an ihr berufliches bzw. erwerbsmäßiges Ausüben und die Konsekration durch eine breitere Öffent- lichkeit geknüpft war. 26 Österreichisches Staatsarchiv, AVA, Bundesministerium für Unterricht, Verordnungen, 1935 – 36, Zl.  27061, Bundesministerium für Unterricht, Durchführungsbestimmungen hinsichtlich des §15 der Musiker- und Kapellmeisterverordnung. Kunst in der sozial- und musikwissenschaftlichen Literatur 103
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Über die Produktion von Tönen Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Title
Über die Produktion von Tönen
Subtitle
Beziehungen von Arbeit und Musizieren, Österreich 1918 – 1938
Author
Georg Schinko
Location
Wien
Date
2019
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20802-0
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
310
Keywords
Music-making, Musician, Work, Vocation, Art, Austria, Correspondence analysis, Life Writing, Interwar period --- Musizieren, Musiker, Arbeit, Beruf, Kunst, Österreich, Korrespondenzanalyse, Lebensgeschichtliche Erzählung, Zwischenkriegszeit
Category
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